APA/AFP/SEBASTIEN BOZON
Kultur-Stillstand
Reaktionen der Kunst- und Kulturszene
Erneut müssen Theater, Kinos, Konzerthäuser und Museen wieder schließen. Wie reagiert die heimische Kunst- und Kulturlandschaft auf den zweiten Lockdown und welche kulturpolitischen Akzente braucht es jetzt?
3. Dezember 2020, 02:00
Zu den Sendungen
Morgenjournal | 02 11 2020 - Reaktionen der heimischen Szene
Mittagsjournal | 02 11 2020 - Albertina-Direktor im Gespräch
Albertina-Direktor Schröder mache die erneute Schließung traurig, aber man werde versuchen, den finanziellen Schaden zu minimieren. Bundestheater-Holding-Chef Kircher: "Der zweite Lockdown kam wohl für niemanden ganz überraschend", und für Yvonne Gimpel von der IG Kultur gehen nach einem halben Jahr die Reserven aus - finanziell und psychisch.
Unmut und Verständnis
Traurig und enttäuscht sei man, wie Klaus Albrecht Schröder sagt. Die Museen seien vorschnell geschlossen worden. Einerseits akzeptiere er die Entscheidung der Regierung, andererseits sei ihm die Entscheidungsgrundlage völlig schleierhaft. Nüchtern zur Kenntnis nimmt Christian Kircher die neuen Maßnahmen und Yvonne Gimpel deutet schon jenen Unmut an, der sich in der heimischen Kulturszene in das Verständnis für die erneuten Schließung mischt: "Da gibt es nichts zu beschönigen. Ärgerlich, wenn man bedenkt, wieviel in Sicherheitskonzepte investiert wurde." "Wir haben Präventionsmaßnahmen entwickelt, 18.000 Tests durchgeführt", so Kircher.
Es gebe auch kein bekanntes Cluster aus einem Kino oder einem Kulturbetrieb, fügt Christian Dörfler, Vertreter der Kinobranche in der Wirtschaftskammer Österreich hinzu. Mühsam habe man das Feld aufbereitet, hatte offen, obwohl es für viele billiger gewesen wäre, gar nicht zu öffnen. Dass es in den vergangenen Wochen in der Kulturnation Österreich überhaupt Kulturprogramme gab, hatte viel mit Leidenschaft und Idealismus zu tun. Yvonne Gimpel: "Wir stehen wieder in der Situation, die wir kennen: Wir haben Ankündigungen, dass es unbürokratisch und schnell einen Hilfsfonds geben soll."
💥 Letzte Chance 💥
— ALBERTINA Museum (@AlbertinaMuseum) November 1, 2020
📍 Ab Di, 3.11., sind die #ALBERTINA & die #ALBERTINAmodern aufgrund der Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung des Coronavirus geschlossen.
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Rasche Umsetzung der Hilfe
80 Prozent der Erlöse aus dem November des Vorjahres sollen laut Bundesregierung ersetzt werden, auch für gemeinnützige Vereine. Das könne ein wirksames Instrument sein. Aber es seien noch viele Detailfragen zu klären, so Gimpel. Für viele Kulturbetriebe sei es eine Überlebensfrage, ob die Gelder auch rechtzeitig ankommen.
"Wenn wir die 80 Prozent rechtzeitig bekommen, fühle ich mich ausreichend ernst genommen. In der Vergangenheit war dem nicht so gewesen", verweist Christian Dörfler auf nach wie vor ausstehende Hilfsgelder und einen gleichzeitigen Umsatzrückgang in der Kinobranche von 85 Prozent bis September.
Organisatorische Herkulesaufgaben
In den nächsten Tagen warte dabei eine organisatorische Herkulesaufgabe auf die Kulturbranche. "Wir sind froh, dass Proben grundsätzlich möglich sind. Das ist notwendig, damit wir die Premieren, die wir für Ende November, Anfang Dezember angesetzt hatten, vorzubereiten", so Christian Kircher von der Bundetheaterholding. Bereits im ersten Lockdown hätte man ca. 300.000 Karten rückabgewickelt; das stehe nun wieder bevor.
Schröder betont, dass die Albertina nun, in der Zeit des Lockdowns drei große Ausstellungen mit über 70 internationalen Leihgebern auf- und abbauen müsse. Somit steigen bereits die Mehrkosten der letzten Wochen. Aber, so Klaus Albrecht Schröder, es gebe die fixe Zusage, von Vizekanzler Werner Kogler und Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer, dass alles getan werde, um die finanziell angespannte Situation nicht noch weiter angespannt wird.
Klare Vorgaben für Neustart
Andrea Mayer war für keine Stellungnahme erreichbar, meinte aber am Samstag in einem Schreiben an Vertreter der Kulturbranche: "Geschlossene Kulturbetriebe seien eine Katastrophe. Ihr blute deshalb das Herz. Es werde alles dafür getan, dass Türen, die jetzt geschlossen werden, auch wieder öffnen."
Inzwischen wird der Blick aber schon auf den Neustart nach dem Lockdown gerichtet. Hier brauche es mehr Klarheit im Zeitplan und bei den Vorgaben als im Frühjahr. Christian Dörfler denkt etwa an vergleichbare Aktionen wie den Gastro-Gutschein der Stadt Wien oder das Sonderbudget für die Österreichwerbung im Tourismus.