Richard Ford

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Erzählband

"Irische Passagiere" von Richard Ford

Der US-amerikanische Schriftsteller und Pulitzerpreisträger Richard Ford gehört zu den schärfsten Kritikern Donald Trumps. Noch vor der Wahl hat er in einem "Spiegel"-Interview gemeint: "Ich hoffe, bis der nächste Roman fertig wird, ist Trump ein elendes Stück Vergangenheit!" Jetzt ist nicht nur Fords Wunsch in Erfüllung gegangen, sondern auch sein neuer Erzählband "Irische Passagiere" auf Deutsch erschienen.

Da stand die atemlose Wand aus Frühlingshitze, aus üppigen Nachmittagsgerüchen, den Sedimenten des Tages.

Richard Ford braucht nur einen Satz und schon schwitzt man als Leser, zusammen mit seinen Figuren. Die besondere Situation tut das Übrige, denn die beiden, die hier gemeinsam durch den schwülen Nachmittag von New Orleans spazieren, waren vor 25 Jahren ein Paar. Wiedergetroffen haben sie sich zufällig, früher am Tag, bei einem Geschäftsmeeting. Jetzt sind sie endlich unter sich. Richard Ford: "Gewöhnlich heißt es, wer sich einmal verliebt hat, wird immer etwas für den anderen empfinden. Dabei kann es ohne weiteres sein, dass man einer Ex-Geliebten, der man 25 Jahre später zufällig in einer Bar begegnet, rein gar nichts mehr zu sagen hat. Das war der Ausgangspunkt für meine Geschichte und deshalb heißt sie auch 'Nichts zu verzollen'."

Das andere Glück

Es sind die Gefühle, die jeder kennt, die Richard Ford in seinem Schreiben unter die Lupe nimmt. Nur dass sie in seinen Geschichten andere Folgen zeitigen als üblich. Ford bezeichnet sein Schreiben deshalb auch gerne als andauerndes Ankämpfen gegen Klischees und althergebrachte Vorstellungen. Richard Ford: "Ich glaube nicht an die herkömmlichen Ansichten, was Trauer, Glück oder Liebe betrifft. Und deshalb lasse ich meine Figuren, diese Zustände anders und mit anderen Folgen erleben."

Wahlkampf ohne Namen

Der Präsidentschaftswahlnacht widmet Richard Ford ein eigenes Kapitel, natürlich nicht der aktuellen, sondern der im Jahr 1992, als Bill Clinton George Bush Senior als Präsident ablöste. Schauplatz ist die American Bar in Paris, wo sich der Protagonist eine blutige Nase von einem aufgebrachten Republikaner holt. Fords besonderer Dreh: In seiner Geschichte bleiben die Namen der Präsidentschaftskandidaten unerwähnt.

Einmal hat Richard Ford einen Einblick in sein Schreiben gegeben und verraten, dass seine Maxime eigentlich aus der bildenden Kunst kommt, und zwar von John Ruskin, dem großen Kunstkritiker des 19. Jahrhunderts. Richard Ford: "Es geht darum, Dinge nebeneinander zu stellen, die noch nicht zusammengedacht worden sind. Und je unvereinbarer diese Elemente erscheinen, umso mehr Macht und Schönheit kann ihre plötzliche Verbindung ausstrahlen."

Buchumschlag

HANSER VERLAG

Ein Haus mit vielen Zimmern

In der Erzählung "Am falschen Ort" hat der sechzehnjährige Ich-Erzähler seinen Vater verloren, eine Geschichte mit autobiografischen Bezügen, denn auch Fords Vater starb früh. So wuchs Ford bei seinem Großvater, einem Hotelbesitzer, auf, der ihn recht unsanft mit den Härten des Lebens konfrontierte. Richard Ford: "Er hat mich in die wildesten Situationen gebracht, in Hotelzimmer, in denen sich jemand umgebracht hatte, oder gerade eine verbotene Liebschaft am Laufen war, alles Dinge, die nichts für einen Burschen in meinem Alter waren. "

Heiß und kalt

Der Blick hinter die verschlossenen Türen des Lebens, der ist Richard Ford aber geblieben. Was seinem Erzählband "Irische Passagiere" eine mitreißende Wahrhaftigkeit gibt. Heiß und kalt wird es da einem beim Lesen und das nicht allein deshalb, weil die Geschichten neben dem schwülen New Orleans, auch an den windigen Küsten von Maine und Dublin spielen.

Service

Richard Ford, "Irische Passagiere", Erzählungen, übersetzt von Frank Heibert, Hanser
Originaltitel: "Sorry For Your Trouble"

Gestaltung

  • Wolfgang Popp

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