Ewald Nowotny im Gespräch mit Renata Schmidtkunz

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Im Gespräch

Geld und Leben

Renata Schmidtkunz im Gespräch mit Ewald Nowotny, Ökonom. Er analysiert die gegenwärtigen Wirtschaftskrise, erklärt was Geld überhaupt ist und erzählt über den physischen, intellektuellen und seelischen Garten, den er nun in seiner Pension noch kultivieren möchte.

Der irische Schriftsteller Oscar Wild, der für seine messerscharfe Sprache bekannt war, sagte: „Ein Ökonom ist jemand, der von allem den Preis, aber von nichts den Wert kennt.“

Ewald Nowotny ist Ökonom, ein Wirtschaftswissenschafter, der seit bald 50 Jahren als Hochschulprofessor seine Studierenden lehrt, dass ein Ökonom eben mehr sein sollte als einer, der von allem den Preis, aber von nichts den Wert kennt.

„...geprägt war vom Prinzip „mehr sein als scheinen“

Wahrscheinlich verdankt sich diese Eigenschaft der Tatsache, dass Ewald Nowotny in einer Welt der klassischen Bildung und Kultur aufwuchs, die – wie Nowotny in seinen Lebenserinnerungen mit dem Titel „Geld und Leben“ schreibt – „geprägt war vom Prinzip „mehr sein als scheinen“ und von Misstrauen gegenüber der Welt der Wirtschaft“.

Es waren zwei Onkel, die sein Interesse an der Wirtschaft weckten. Der eine war ein solider führender Mitarbeiter eines internationalen Unternehmens, der andere das schwarze „goldene“ Schaf der Familie, ein sehr wohlhabender „romantischer Linker“ und Finanz-Hassadeur.

Nowotnys nachhaltiges Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen „entwickelte sich jedenfalls aus politischen, historischen und gesellschaftlichen Perspektiven“. Und es war die Volkswirtschaft, und nicht die Betriebswirtschaft, die ihn interessierte. So schlug er zunächst den Weg der Wissenschaft ein. Von 1982 bis zu seiner Emeritierung war er ordentlicher Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien.

„Die einzige Partei in Österreich, die niemals ihre politischen Gegner eingesperrt und misshandelt hat“

Das zweite Standbein des langjährigen Gouverneurs der Österreichischen Nationalbank war die Politik. Als Sohn überzeugter Sozialdemokraten aus gehobenem bürgerlichem Milieu fiel der Apfel nicht weit vom Stamm. Geboren 1944 in Wien, wurde er als junger Mann Mitglied der SPÖ, von der er sagt, sie sei die „einzige Partei in Österreich, die niemals ihre politischen Gegner eingesperrt und misshandelt hat“. So war es auch Bruno Kreisky, der Ewald Nowotny 1978 nachdrücklich dazu aufforderte, ein Mandat als Abgeordneter zum Nationalrat anzunehmen.

21 Jahre lang saß Nowotny für die SPÖ im Parlament und war durch seine Tätigkeit in diversen Ausschüssen maßgeblich an der Budgetpolitik der Großen Koalition von 1986 bis 1999 beteiligt. Wirtschaftsliberale Kritiker nannten Nowotny „den wissenschaftlichen Beschwichtigungshofrat der großkoalitionären Schuldenpolitik“.

Später als Gouverneur der Österreichischen Nationalbank, zeigte sich Nowotny besorgt über eine zu hohe Staatsverschuldung. Nicht zuletzt deshalb, weil er die Abhängigkeit des Staates von den Kapitalmärkten vermeiden wollte. Die Lehren des britischen Ökonomen John Maynard Keynes waren der Fixpunkt seiner wissenschaftlichen Grundhaltung, zwei Menschen wurden für ihn Vorbilder und Lehrer: Bruno Kreisky und der Ökonom Kurt W. Rothschild.

Ein demokratischer Humanismus

Seine Weltanschauung ist geprägt von einem „demokratischen Humanismus“ - und in diesem Sinne, so Ewald Nowotny, führte er auch seine politischen Ämter für die Sozialdemokratische Partei aus. Schon in frühen Jahren gehörte er zum engen Beraterkreis von Bundeskanzler Bruno Kreisky und hatte bis ins Jahr 1999 viele Funktionen in der SPÖ inne.

Unter anderem war er von 1990 bis 1999 Mitglied des Bundesparteivorstandes. 1999 legte Ewald Nowotny alle politischen Funktionen und Ämter nieder. Sein Leben als Banker war ebenso beeindruckend: Ewald Nowotny war Vizepräsident der Europäische Investitionsbank in Luxemburg, Generaldirektor der BAWAG P.S.K und von 2008 bis 2019 Gouverneur der Österreichischen Nationalbank.

Seit September 2019 ist er als Nachfolger von Klaus Liebscher Präsidenten der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik. Denn auch Europa ist eine seiner politischen Leidenschaften.

Sein soeben erschienenes Buch „Geld und Leben“ widmet er seinen drei Enkelkinder. Mit Dank für die Gegenwart und Hoffnung für ihre Zukunft, wie Ewald Nowotny auf der ersten Seite seines Buches schreibt.

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