Zwei Männer ringen

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Dokumentarfilm

Gleichgewicht & Gegensatz von "Davos"

Seit 1971 findet das Weltwirtschaftsforum im bekannten Schweizer Luftkur- und Wintersportort Davos statt. Alljährlich trifft sich dort Spitzenpersonal aus Wirtschaft und Politik, um über aktuelle Fragen und Probleme der Globalisierung zu diskutieren - eine Veranstaltung, die nicht unumstritten ist. Das und auch ganz andere Seiten von Davos kann man im österreichischen Dokumentarfilm "Davos" sehen.

Wenn zwei Jäger im Gebirge auf der Pirsch liegen, wenn portugiesische Gastarbeiter an einem glasklaren See fischen und wenn auf einem Bergbauernhof Kühe gemolken und überhaupt gehätschelt werden, dann mag man kaum glauben, dass nur wenige Kilometer weiter - unten in der Kleinstadt Davos - hektisches Treiben herrscht.

Denn einmal im Jahr, im Jänner, verwandelt sich Davos in ein Who is Who der internationalen Politik und wird zum Nabel der Weltwirtschaf: Prominente geben sich die Klinke in die Hand, um beim Weltwirtschaftsforum den Dialog über die Globalisierung zu führen.

Routine und Erstarrung

Doch es ist eine Veranstaltung, die längst in Routine erstarrt ist, wie der Dokumentarfilm "Davos" von Daniel Hoesl und Julia Niemann zeigt. Beginnend beim Forumsgründer und Präsidenten Klaus Schwab, der unliebsamen Interviewfragen, etwa nach Gendergerechtigkeit und zunehmendem Teilnehmeralter, die kalte Schulter zeigt.

Und selbst die lautstarken Proteste vor Ort von Globalisierungs- und Kapitalismuskritikern scheinen Teil der Veranstaltungsdramaturgie zu sein. Ko-Regisseurin Julia Niemann: "In Davos gibt es eine kleine Gruppe von Punks, die sich kritisch mit dem Forum auseinandersetzen, doch selbst die werden einverleibt, wenn sie als Sicherheitskräfte dort arbeiten, weil sie auch Geld verdienen müssen."

Mann arbeitet auf einer steilen Wiese

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Die andere Seite von Davos

Doch es gibt auch die andere Seite von Davos, jenseits von Medienrummel, Messefolklore und schwarzen Luxuslimousinen. Da schaut das Filmteam auf schmucklose Fassaden und leere Schaufenster, in die abgewirtschafteten Quartiere von Gastarbeitern in der Gastronomie, auf eine finanziell kaum lohnende Bergbauernexistenz und - auch ein Aspekt der Globalisierung - auf Sozialarbeit mit jugendlichen Flüchtlingen, die in Davos eine neue Heimat suchen.

Bei all dem kommt der Film gänzlich ohne Off-Kommentar und Interviewpassagen aus. "Wir vertrauen den Bildern und darauf, dass unser intelligentes Publikum keinen Kommentar braucht, der die Welt erklärt", meint Regisseur Daniel Hoesl.

Angemessene Distanz

Der Film "Davos" ist ein stimmiges Porträt, das seinen Mehrwert vor allem aus der wohl durchdachten Anordnung von Gegensätzen schöpft, diese nicht polemisch gegeneinander ausspielt, sondern aus angemessener Distanz für sich selbst sprechen lässt.

Service

"Davos" ist am 26. und 29. Jänner für kurze Zeit und ab 5. Februar dauerhaft auf der Streaminglattform Kino VOD Club verfügbar.

Davos

Gestaltung

  • Arnold Schnötzinger