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Digital. Leben

Wem gehört die Bildung?

MS Teams, Google Classroom oder iPad-Klassen: Microsoft, Google und Apple dominieren nicht nur das Internet, sondern beherrschen mit ihren Programmen und Geräten auch den digitalen Bildungsmarkt.

Lern-Apps und Programme, die mit intelligenten Systemen künftig Lernschwächen erkennen und beim Lernerfolg helfen sollen, daran tüfteln derzeit Tech-Firmen im Silicon Valley. Und auch die Eigentümer der chinesischen Video-App TikTok haben angekündigt, künftig gemeinsam mit Universitäten auf TikTok Lerninhalte anbieten zu wollen. Das zeigt, wie begehrt der Markt der digitalen Bildung in der Zukunft ist.

Learning Hub von Microsoft

MICROSOFT

Google, Microsoft, Moodle und Eduvidual

In Österreichs Schulen werden die Programme von Microsoft häufig genutzt: zum Beispiel Emails für Schüler und Lehrer, Videochats- und Telefonie über MS Teams, Online-Kursnotizbücher oder Klassenbücher in OneNote oder beim gemeinsamen Arbeiten an Office-Dokumenten.

Österreich hat schon seit 2003 einen Lizenzvertrag mit Microsoft für den Bundesschulbereich. Laut Iris Rauskala, Sektionschefin im Bildungsministerium, betragen diese Lizenzkosten jährlich 2,9 Millionen Euro. Das Bildungsministerium empfiehlt im acht Punkte Plan für die digitale Schule außerdem: Google und seine Gsuite for Education-Angebote. Auch da nutzen Schülerinnen den Google-Classroom mit Chats, Lernunterlagen und Online-Dokumenten, die auch in andere offene Lernplattformen wie die Moodle-Plattform Eduvidual.at oder Lms.at eingebunden werden können.

Auch Moodle wird empfohlen, eine Open Source Plattform, die über 200 Millionen Nutzerinnen weltweit hat. Moodle finanziert sich nicht sehr transparent über 100 Partner-Unternehmen. LMS.at hingegen ist eine kleinere von Lehrern mitentwickelte und offizielle Plattform des Ministeriums.

Druck, den Platzhirsch zu nutzen

„Microsoft macht gute Werkzeuge, keine Frage, aber die Dominanz ist unübersehbar. Und Schülerinnen und Studenten werden mit diesen digitalen Werkzeugen sehr früh geprägt“, sagt Roland Alton-Scheidl, der an der Fachhochschule Vorarlberg im Bereich Kommunikationsdesign und Nachhaltigkeit lehrt und forscht. Der Druck, die Software des Tech-Konzerns zu nutzen, komme auch von Eltern und Lehrern, glaubt Alton-Scheidl: „Jede und jeder kennt die Produkte, viele verwenden sie selbst im Berufsalltag und es ist einfach praktisch.“

Dazu kommt für Alton-Scheidl der IT-Fachkräftemangel: „Viele Schulen sind behäbig, weil die IT-Verantwortlichen kein zweites System aufsetzen wollen und das Service von Microsoft einfach schnell und gut verfügbar ist. Bei alternativen Programmen gibt es mehr Hürden: Ein zweites System in ein bereits bestehendes zu integrieren ist mehr Aufwand und man muss man sich auch erst schlau machen, welche Dienstleister es bei technischen Problemen gibt.“

Die Frage, in wie weit US-Technologie-Firmen in die Bildung zu involvieren sind, beschäftigt auch Gerhard Brandhofer. Er hat eine Hochschulprofessor an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich: „Aus Sicht des mediendidaktischen Elfenbeinturms wäre es sinnvoll, wenn Schülerinnen und Schüler sich mit verschiedenen Ökosystemen beschäftigen und sie proprietäre Software, aber auch Open Source Software nutzen. Und wenn ein medienkompetenter Jugendlicher dann selbst entscheiden kann, welches Programm er verwenden möchte.“

Der Einfluss von Google, Microsoft oder Apple auf Schülerinnen und ihre digitale Mediensozialisation ist für Gerhard Brandhofer groß. Nicht nur wegen der Philosophie des Teilens, die etwa hinter Open Source Produkten steht oder aus Datenschutz-Gründen: „Den IT-Konzernen ist natürlich bewusst, dass die Konditionierung auf ein Produkt und Sozialisierung mit einem Produkt langfristig gute Effekte für ihren Konzern. Das ist aber natürlich nicht nur schlecht, denn die US-Tech-Firmen haben ein großes Interesse an Bildung und wollen, dass Bildung in Schulen passiert. Sie versuchen auch gezielt mit Programmen im Bereich Robotik oder Coding Nachwuchs zu fördern. Das Dilemma ist also relativ groß!“

iPad-Klassen und Apple-Lehrerfortbildungen

Die Programme von Microsoft, Google und Apple, mit und in denen Schülerinnen und Schüler täglich am Computer und im Netz lernen, sind für die Technologie-Konzerne aber nicht das einzige Eintrittstor in die Bildungswelt: Apple dringt auch mit Geräten, mit seinen ipads und Macs in die Klassen vor: Laut digi4family.at gibt es neben ipad-Klassen, auch Lehrerfortbildungen, die von Apple, Samsung, A1 oder IBM angeboten werden.

digi4family.at ist eine Initiative des damaligen Bundesministeriums für Arbeit, Familie und Jugend zur Steigerung der Medienkompetenz von Familien. Wie viele ipad-Klassen gibt es also in Österreich? Wie viele Lehrerinnen erhalten Schulungen und Fortbildungen von Apple, Google, Microsoft oder Samsung? Und wie kommt es zu solchen Firmenkooperationen? Das zuständige Familien- und Jugendministerium hat keine Zahlen, auf Anfrage von Ö1 heißt es dazu: „Zu den Angeboten der Firmen liegen keine Daten vor, da Digi4Family diese Angebote lediglich als „Good Practice“ präsentiert.“

In Österreich ist die Firma ACP eduWERK die Schnittstelle und Ansprechpartner für Apples Produkte für den Bildungsbereich in Österreich. Auf die Frage nach ipad-Klassen oder von Apple veranstalteten Lehrerinnenfortbildungen heißt es: „Das ACP eduWERK betreut über 250 Bildungseinrichtungen in ganz Österreich. In wie vielen Klassen iPads zum Einsatz kommen, kann nicht beantwortet werden.“

Oft sind es Schulen, Lehrerinnen oder die Gemeinden als Schulerhalter, die an eduWERK herantreten und nach den Kosten für eine Tablet-Klasse frage, erzählt Florian Messingfeld, er ist Projektleiter bei ACP eduWERK: „In jedem Bundesland haben wir ein bis zwei Personen von unserem Trainerinnen-Netzwerk, die wöchentlich an Schulen Trainings abhalten.“ Außerdem kann man sich als „Apple Teacher“ fortbilden lassen. Wie viele dieser Trainings als schulinterne Lehrerfortbildung eingereicht werden, sagt ACP eduWERK nicht.

US-Tech-Riesen und Datenschutz

Geht es um US-Technologiekonzerne in Europa, geht es auch zwangsweise immer um Datenschutz. Nachdem im Frühjahr vom österreichischen Bildungsministerium die Verwendung von Google Classroom für das damals noch neue Distanzlernen empfohlen wurde, haben sich auch hierzulande viele Eltern und Lehrer besorgt mit Datenschutzfragen an die NGO epicenter.works gewandt, erzählt Daniel Lohninger. „Wenn man Monopolisten mit fragwürdigen Datenschutzpraktiken an Schulen holt, ist das schon prinzipiell kritikwürdig. Und es gibt auch ein rechtliches Problem: nach dem Letzten EuGH-Urteil „Schrems 2“ und dem „CLOUD Act“ ist eine Softwarenutzung von US-Cloudanbietern laut DSGVO in Europa nicht rechtskonform möglich. Wir sehen das sehr problematisch, dass man, obwohl man sich des Problems bewusst ist, darüber hinwegsieht, während man in der Wirtschaft versucht Lösungen zu finden.“

Epicenter.works forderte daher eine Datenschutzfolgenabschätzung, unter anderem ob die Daten ausreichend geschützt werden.

Gestaltung: Julia Gindl