Franzobel

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Historien-Thriller von Franzobel

"Die Eroberung Amerikas"

Eigentlich heißt er Franz Stefan Griebl. Als Schriftsteller ist er unter dem Namen "Franzobel" bekannt. Der sprachverliebte Oberösterreicher hat sich mit Romanen und Theaterstücken von ausladender Fabulierfreudigkeit einen Namen gemacht.

Der Bachmannpreisträger des Jahres 1995 hat einen Historien-Thriller vorgelegt, der sich mit einem blutigen Kapitel der Kolonialgeschichte beschäftigt: mit der Eroberung Amerikas durch die spanischen Conquistadoren.

Franzobel goes West: In seinem aktuellen Roman wendet sich der Autor der völkermörderischen Unterwerfung Amerikas im 16. Jahrhundert zu. Im Zentrum des Geschehens steht eine reale Figur: der Conquistador Hernando de Soto, der 1538 als Anführer eines 700 Mann starken spanischen Heers zu einem Eroberungsfeldzug durch Florida und die späteren Südstaaten der USA aufgebrochen ist.

Die erfolgloseste Expedition

Die Expedition geriet zum desaströsen Fehlschlag: In Gemetzeln mit den Apalachees und den Choctaw-Indianern wurde de Sotos Expeditionskorps stark geschwächt, zudem wüteten Krankheiten und Hunger in der Truppe. Vom verheißenen Gold war weit und breit nichts zu sehen. Nachdem der glücklose Eroberer im Mai 1542 an den Ufern des Mississippi River an einer Fiebererkrankung gestorben war, ging Hernando de Soto als der vermutlich erfolgloseste Conquistador aller Zeiten in die spanische Geschichtsschreibung ein.

"Das war eigentlich der Grund, warum ich mich mit diesem Thema überhaupt beschäftigt habe. Ich bin auf den Satz gestoßen, das sei die erfolgloseste Expedition in der Geschichte der spanischen Conquista war, und das habe ich dann so faszinierend gefunden, weil mich das Scheitern immer mehr interessiert als der Erfolg."

Tragikomische Groteske

Franzobel hat das Genre der tragikomischen Groteske gewählt, um Leben und Sterben des Hernando de Soto literarisch zu fassen. Die Verbrechen der Conquistadoren werden bei ihm zu einem grausigen, fast comics-artigen Spektakel.

"Es ist eine Metapher auf die Menschheitsgeschichte ...

Buchumschlag

ZSOLNAY VERLAG

" … Man will immer mehr, man will immer größer werden, die Gier ist stark, man will Landstriche und Völker erobern, und eigentlich hinterlässt man nichts als devastierte Landschaften, ohne irgendetwas mit nach Hause nehmen zu können."

Streckenweise ist die Lektüre von Franzobels grellem Epochenpanorama schwer zu ertragen. Es ist alles ganz, ganz furchtbar, was er da beschreibt: die Massaker an den indianischen Ureinwohnern, die qualvollen Tötungsmethoden, die sich die Herrenmenschen aus Europa für ihre autochthonen Opfer ausgedacht haben.

Spannend und zutiefst verstörend

Was an diesem Roman allerdings irritiert: die tragische Vorliebe des Autors für wohlfeile Kalauer. Die spanischen Eroberer treten uns bei Franzobel beispielsweise als de Sotos "Buberlpartie" entgegen, und die Extremadura, der zahlreiche Conquistadoren entstammten, apostrophiert der Erzähler als das "Burgenland Spaniens".

Weniger Kalauer wäre da wohl mehr gewesen. Abgesehen davon ist Franzobel mit der "Eroberung Amerikas" ein spannender und effektvoller, aber auch ein zutiefst verstörender Roman gelungen.

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Franzobel, "Die Eroberung Amerikas", Roman, Zsolnay

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