Friedrich Cerha

APA/HERBERT NEUBAUER

Neue Musik im Härtetest

Friedrich Cerha - "Spiegel I"

Friedrich Cerha wird 1926 in Wien geboren. Bereits als Elfjähriger spielt er in wilden Hernalser Vorstadt-Etablissements Geige und komponiert erste Walzer.

Er desertiert zweimal von der deutschen Wehrmacht. Ab 1946 studiert Cerha Violine, Komposition, Musikerziehung, Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie. Er macht Karriere als Violinvirtuose und wird ein international gefragter Dirigent. Er gründet ein Ensemble für historisch informierte Aufführungspraxis und - gemeinsam mit Kurt Schwertsik - das Ensemble "die reihe".

In den stockkonservativen 1950er Jahren macht "die reihe" das Publikum mit neuen Klängen bekannt. Cerhas Musik bleibt immer offen für Neues: Zunächst adaptiert er serielle Techniken, dann entwickelt er parallel zu György Ligeti die Form der sogenannten Klangflächenkomposition. In den 1980er Jahren findet zu seinen volksmusikalischen Wurzeln zurück. Cerha gilt als Doyen der österreichischen Komponierenden.

Die Klien-Brüder über "Spiegel I"

Den Zyklus "Spiegel I-VII" skizziert Cerha Anfang der 1960er Jahre zunächst grafisch. Er gießt die einzelnen Stücke erst später in Notenform. Die "Spiegel" sind ein revolutionärer Wendepunkt in der Musikgeschichte: Es entsteht eine Klangwelt, die frei ist von bekannten Formeln. "Klangflächenkomposition" wird diese Technik später genannt. Der Schwerpunkt liegt hier auf Massenereignissen, die einzelnen musikalischen Ereignisse gehen im Gesamtgeschehen auf.

Die sieben "Spiegel" werden ab 1963 uraufgeführt, die erste Gesamtaufführung gibt es 1972 beim ORF musikprotokoll in Graz. Bei einigen Orchestermusikern stoßen diese Stücke zunächst wegen ihrer neuartigen Ästhetik auf Ablehnung. Heute werden die "Spiegel" als ein Hauptwerk des 20. Jahrhunderts angesehen.

In der gesamten Komposition habe ich grundlegenden Phänomenen der musikalischen Gestaltung nachgespürt. Die "Spiegel" sind aus einem starken Ausdrucksbedürfnis heraus entstanden. Es hat mich befremdet, dass die Kritiker nach den ersten Aufführungen von intellektuellen Experimenten, von Kopfmusik gesprochen haben.
(Friedrich Cerha)

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YouTube - Spiegel I-VII
Universal Edition - Friedrich Cerha über Spiegel I-VII

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