Filmstill

PANDA FILM

Prämierter Film

"Bad Luck Banging or Loony Porn"

Wie privat darf sich eine Lehrerin im Internet zeigen und geben? Soll sie doch für ihre Schüler und Schülerinnen ein Vorbild sein. Und wer bestimmt überhaupt, was von privatem und was von öffentlichem Interesse ist? Rund um diese Fragen lotet der rumänische Regisseur Radu Jude in seinem Film mit dem schwer in Deutsche übersetzbaren Titel "Bad Luck Banging or Loony Porn" gesellschaftliche Irrwege im Rumänien von heute aus. Beim heurigen Berlinale-Wettbewerb gewann der Film den Goldenen Bären.

Der Stein des Anstoßes ist pikant, aber letztlich banal. Amateurhaft sind jene drei Minuten Pornovideo, die die Lehrerin Emilia und ihr Mann mit dem Handy im eigenen Schlafzimmer aufnehmen. Ein Video, das unter nicht genau geklärten Umständen ins Internet gelangt, von dort ist es nicht mehr weit zu den Augen von Emilias Schülern und Schülerinnen. Das muss Konsequenzen haben, finden die entrüsteten Eltern.

Was ist wirklich obszön?

Soll und kann Emilia weiter an der Schule unterrichten? Diese Frage ist für Regisseur Radu Jude in seinem Film "Bad Luck Banging or Loony Porn" aber nur der Ausgangspunkt für einen eigentlichen Rundumschlag gegen die rumänische Gesellschaft in Gegenwart und Vergangenheit: "Es geht mir darum zu zeigen, was wirklich vulgär und obszön ist, wenn man verschiedene Perspektiven vergleicht."

Brutalisierung im Großstadtalltag

Ist also ein dilettantisches Stück Pornografie obszön oder sind es nicht doch mehr die vielen Momente der mal subtilen dann wieder direkten, oft konsumgetriebenen Brutalisierung im Großstadtalltag?

Meterweise Kinderplastikrucksäcke in Auslagen, aufdringliche Werbung mit plumpem sexuellen Unterton, Baustellenterror überall, Straßenlärm und Huporgien sowieso, Männer die mit großen SUVs am Gehsteig parken, und Widerspruch mit Schimpfwortkanonaden quittieren, verbale Aufrüstung schließlich auch an der Supermarktkassa, wenn die Geduld wieder einmal nicht reicht.

"Ich wollte Situationen zeigen, die die monströsen Auswüchse einer zunehmend neoliberalen Gesellschaft nach der kommunistischen Diktatur zum Ausdruck bringen", so Radu Jude.

Zunehmende Infantilisierung

Doch Regisseur Jude ist kein Moralprediger, sondern ein genauer Beobachter von Beiläufigkeiten. Er schickt die Kamera auf Entdeckungsreise in Hinterhöfe, inspiziert ramponierte Hausfassaden, erweckt in der Montage unbeachtete und stumme Kulissen zum Leben. Judes - übrigens durchaus universelle - Gesellschaftsdiagnose ist oft ironisch und dennoch nicht zum Lachen. Eine über virtuelle Kanäle forcierte Individualisierung geht einher mit zunehmender Infantilisierung, krude Verschwörungstheorien inklusive.

Gestaltung

  • Arnold Schnötzinger