Audrey Diwan

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Filmfestspiele Venedig

Goldener Löwe an französisches Abtreibungsdrama

Der Goldene Löwe des 78. Filmfestivals Venedig geht an "L'Evenement" ("Das Ereignis") der französischen Regisseurin Audrey Diwan. Das gab die Jury am Samstagabend bekannt. Das Werk erzählt von einer jungen Frau, die Anfang der 1960er Jahre in Frankreich illegalerweise abtreiben möchte.

Es ist der sechste Goldene Löwe der Festivalgeschichte, der an das Werk einer Filmemacherin vergeben wird. Als beste Schauspielerin ehrte die Jury die Spanierin Penelope Cruz für "Madres paralelas". In dem Film von Pedro Almodovar spielt die 47-jährige Oscarpreisträgerin eine von zwei Müttern, die ungeplant schwanger werden. Die US-Schauspielerin Maggie Gyllenhaal gewann für "The Lost Daughter" die Auszeichnung für das beste Drehbuch. Das Drama ist zugleich auch ihr Regiedebüt.

Mehr dazu in ORF.at - Goldener Löwe geht an "L' Evenement"

Penelope Cruz

Penelope Cruz mit ihrer Auszeichnung, der Coppa Volpi.

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Mit Pedro Almodovars "Madres paralelas" wurde das Filmfestival eröffnet, einer Geschichte von zwei spanischen Müttern (Penelope Cruz ud Milena Smit) und deren schicksalhaften Verbindung. Darin greift der Oscarpreisträger vieles auf, das man aus seinen früheren Werken wie "Volver - Zurückkehren" und "Alles über meine Mutter" kennt. Zwei starke Frauen, die Verantwortung übernehmen, sich gegenseitig unterstützen und ohne wirkliche Hilfe der Männer behaupten.

21 Langfilme im Wettbewerb

Unter dem Juryvorsitz des koreanischen Regisseurs Bong Joon Ho konkurrieren heuer bei den Filmfestspielen von Venedig 21 Langfilme im Wettbewerb um den Goldenen Löwen. Hollywood-Stars wie Ben Affleck, Jamie Lee Curtis, Kristen Stewart und Matt Damon haben ihr Kommen zugesagt.

Das Wichtigste vorweg, meint Biennale-Präsident Roberto Cicutto: "Auch im Jahr zwei von Covid sei man live präsent, das Festival finde also vor Ort statt." Freilich nur mit strengen Sicherheitsauflagen, dabei kann man auf die guten Erfahrungen aus dem letzten Jahr aufbauen: Sitzplatzreduktion um 50 Prozent, statt 8.000 insgesamt nur 4.000 Plätze, Maskenpflicht im Kino, Temperaturkontrollen und eine verpflichtende Online-Ticketreservierung. Einziger Unterschied zu letztem Jahr: der sogenannte Grüne Pass, der, so Cicutto, eine höhere Bewegungsfreiheit erlaube.

Höhere Filmqualität

Doch die Pandemie hat auch etwas Gutes. "Die Qualität der eingereichten Filme liegt über dem Durchschnitt anderer Jahrgänge", findet Festivaldirektor Alberto Barbera, "so als habe die Pandemie die künstlerische Kreativität stimuliert".

Gleich fünf von 21 Filmen im Löwenwettbewerb stammen aus Italien, - ob höhere Qualität oder doch eher Heimvorteil sei dahingestellt - darunter "E stata la mano di Dio", es war die Hand Gottes, der neue Film von Paolo Sorrentino, eine autobiografische Geschichte mit schon im Titel angedeuteten Bezug zu Diego Maradona.

Mit seinem persönlichen Schicksal hadert auch ein professioneller Kartenspieler in Paul Schraders neuem Film "The Card Counter". Ein Mann um die 40, der eine große Schuld auf sich geladen hat. Seine Strafe hat der Mann längst abgesessen, doch sich selbst kann er nicht verzeihen, dass er im Irakkrieg bei den Folterungen im Gefängnis von Abu Ghraib dabei war. In einer Mischung aus Rache und Erlösungsgeschichte geht Schrader mit jenen hart ins Gericht, die in Abu Ghraib dabei waren und sich einer Strafverfolgung entziehen konnten.

"Balzac hat die moderne Welt von heute vorweggenommen", Xavier Giannoli

Der französische Regisseur Xavier Giannoli verpackt Honoré de Balzacs "Verlorene Illusionen" in zweieinhalb Kinostunden, angesiedelt an der Schwelle zu einem aufstrebenden Kapitalismus, der die Kunst nicht verschont. Bücher verkaufen sich am besten, indem man Kritiker besticht, die einzige Wahrheit der Presse sind Auflagenzahlen, im Theater besorgt man sich Applaus oder Buhrufe von einem bezahlten Profi, zur Profitmaximierung auch mit einer Applausmaschine.

Comeback des US-Kinos

Auch das US-amerikanische Kino ist zurück am Lido, etwa mit neuen Filmen von Paul Schrader, der Horrorspezialistin Ana Lily Amirpour und dem Regiedebüt der Schauspielerin Maggie Gyllenhaal im Wettbewerb und außer Konkurrenz mit Großproduktionen wie Ridley Scotts Ritterdrama "The Last Duel" und dem Science-Fiction-Klassiker "Dune", eine Neuverfilmung des Romans von Frank Herbert durch "Arrival"-Regisseur Denis Villeneuve.

Villeneuve strafft den handlungsfaden im Vergleich zur Filmversion von David Lynch aus dem jahr 1984, streicht die Rolle der kriegerischen Harkonnen zusammen zugunsten der Öko-Rebellen vom Volk der Fremen und spart nicht bei Design und Ausstattung, darunter originelle Details, Hubschrauber haben hier die Form riesiger Stahllibellen. Ein film, den man unbedingt im Kino, am besten im Imax-Format sehen sollte.

Ausgewogene Wettbewerbsmischung

Insgesamt setzt Festivaldirektor Alberto Barbera auf eine ausgewogene Mischung aus Wettbewerbsneulingen (vorzugsweise aus Osteuropa) und Autorenkino mit renommiertem Namen, darunter Pablo Larrain, Jane Campion und Pedro Almodovar.

Service

La Biennale di Venezia - Die 78. Filmfestspiele von Venedig finden von 1. bis zum 11. September 2021 statt.

Gestaltung

  • Arnold Schnötzinger