Außenfassade Kunst Haus Wien

PAUL BAUER

Grünes Museum

Das Museum der Zukunft - die Zukunft der Museen

Der vor Kurzem veröffentlichte UN-Klimabericht hat deutlich gemacht, dass der rasch voranschreitende Klimawandel uns noch schneller einholt als befürchtet. Dem ökologischen Wandel stellen sich jetzt zunehmend aktiv auch die Österreichischen Museen - abzulesen an der steigenden Anzahl jener Museen, die mit österreichischen Umweltzeichen ausgezeichnet werden.

Mit Friedensreich Hundertwasser hat alles begonnen. Lange bevor der Klimawandel am Horizont sichtbar war, forderte er: "Wir müssen einen Friedenspakt schließen mit der Natur." Als Vordenker in Sachen ökologischem Engagement, hat Hundertwasser auch das signifikante grün-blau-rote Logo des Österreichischen Umweltzeichens entworfen, mit dem 30 Jahre lang Tourismus, Gastronomie und Bildungsbereiche ausgezeichnet wurden.

Museumsbienen

IMRE ANTAL

Was sind die Aufgaben der Museen im 21. Jahrhundert? Dieser Frage gehen wir im heutigen Kulturjournal spezial nach. Die Debatte um die Aufgaben der Museen hat eine neue Dringlichkeit erhalten - einerseits durch die pandemiebedingten, zeitweisen Schließungen und durch die wirtschaftlichen Folgen für viele Museen (Besucherrückgänge von etwa 75 Prozent) andererseits durch den Wegfall des Fremdenverkehrs.

Wie bindet man Publikum an ein Haus? Wie bespielt man analoge Räume in Verzahnung mit virtuellen Räumen? Welche Relevanz hat das Museum für die lokale Bevölkerung? Und welche Umstrukturierungen innerhalb von Ausstellungshäusern braucht es um deren Relevanz zu festigen und zu steigern? Das sind einige Fragen, die sich Museen derzeit stellen.

Wie bindet man Publikum an ein Haus? Wie bespielt man analoge Räume in Verzahnung mit virtuellen Räumen? Über Gegenwart und Zukunft von Museen diskutieren Marie-Therese Hochwartner (Mumok, Leitung Sammlung & Vermittlung) und Luise Reitstätter (Kulturwissenschaftlerin am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien).

Bienen auf dem Dach, Recycling, LED

Sein eigenes Museum - das von ihm entworfene Kunst Haus Wien - war 2018 das erste Museum, das mit diesem Gütesiegel ausgezeichnet wurde. "Wir sehen, dass seine Visionen und Ansätze, gerade was Klimawandel, Verlust der Biodiversität anbelangt, jetzt in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind", sagt Bettina Leidl, Leiterin des Kunst Haus Wien, das in Sachen Grünes Museum eine Vorreiter Rolle einnimmt.

Das reicht von Bienen auf dem Dach und begrünter Außenfassade, über Recycling und Wiederverwertung, guter Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, Photovoltaikanlagen, LED-Beleuchtung bis hin zur Ausstellungsarchitektur: "Dass man mit Farben arbeitet, die ökologisch abbaubar sind, dass man Wände so baut, dass man eine Ausstellungsarchitektur weiterverwenden kann. Bettina Leidl ist auch Präsidentin von ICOM, dem internationalen Museumsverband Österreich, der das Umweltzeichen für Museen vorangetrieben hat und den Richtlinienkatalog mit dem Umweltministerium erstellt hat.

Stromverbrauch wie 3.500 Haushalte

"Die Verpackung der einzelnen Fundstücke erfolgt jetzt mit Stoff und nicht mehr mit Kunststoffen", sagt Marion Grossmann, Leiterin der Vermittlungsabteilung des Museums Römerstadt Carnuntum, wo man es mit besonders heiklen Exponaten zu tun hat.

Nicht viel mehr als Tropfen auf heißen Steinen oder Peanuts sind die vielen kleinen Maßnahmen im Vergleich zum größten Umweltproblem der Museen - dem Energieverbrauch. Kühlung, Lagerung, konstante Luftfeuchtigkeit sind wahre Stromfresser, wie ein drastisches Beispiel aus Berlin zeigt: Die neue Nationalgalerie hat etwa einen Stromverbrauch von 12,5 Millionen Kilowattstunden im Jahr. Das entspricht umgerechnet dem Jahresverbrauch von 3.500 Haushalten.

"Man muss an die Klimaanlage ran"
Künstler Tino Sehgal

Klimaanlage abschalten?

Der internationale Standard gibt allerdings ein strenges Korsett vor. "Kurven, die die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur zeigen, sind für die Museen gegenüber dem Leihgeber der Ausweis, dass das zu leihende Kunstwerk bei ihnen sicher ist. Und da ist die Befürchtung, wenn man Klimaanlagen abschaltet, auch nur zeitweise, dass man an Glaubwürdigkeit verliert."

Die Museen kühlen ihre Lager zwischen 19 bis 22 Grad - hier würde es bereits viel bewirken die international üblichen Werte um einige Grade zu heben, ist auch Bettina Leidl überzeugt. Für den erhöhten Kostenaufwand beim Umrüsten auf erneuerbare Energie, gäbe es Unterstützung von öffentlicher Hand, so Bettina Leid. "Mit dem New Green Deal der EU werden große finanzielle Mittel bereitgestellt, um die ökologische Transformation zu bewerkstelligen."

 Peter Aufreiter

Peter Aufreiter

TMW/APA FOTOSERVICE/SCHEDL

Wertevermittler

Auch inhaltlich und in der Vermittlungsarbeit greifen viele Museen das Thema Nachhaltigkeit auf. So bietet das Kunst Haus Wien regelmäßig Ausstellungen zum Thema, zuletzt mit "Nach uns die Sintflut", die Römerstadt Carnuntum bietet eine Onlineserie zum Thema Umweltschutz in der Antike und das Technische Museum Wien bietet einen App-basierten Klimawalk durch die Stadt an.

Hier plant man auch eine eigene Dauerausstellung zum Thema Klimawandel, so Direktor Peter Aufreiter: "Da wird es einen interaktiven Bereich geben und wir sind in sehr gutem Kontakt mit dem Klimaministerium, das uns auch Ausstellungen teilfinanziert, zum Thema 'urban mining', erneuerbare Energie, Recycling usw. drehen werden."

Umdenken

Das Corona-Jahr, die hohe Zahl an Umweltkatastrophen, der Fortschreitende Klimawandel haben das grüne Bewusstsein in der Gesellschaft beschleunigt und bei Museen, die sich als Wertvermittler und Vorbild in Sachen gesellschaftspolitischer Haltung verstehen, zu einem Umdenkprozess geführt.

Waren es im März dieses Jahres erst zwei Museen, die den Stempel Grünes Museum trugen, sind es mittlerweile sieben: In diesem Sommer sind mit dem Naturhistorischen Museum, dem MAK und der Österreichischen Nationalbibliothek drei Bundesmuseen dazugekommen. "Das ist wahrscheinlich auch ein Ansporn für die anderen Bundesmuseen; und auch die Bundestheater haben schon Interesse bekundet", so Kunststaatssekretärin Andrea Mayer.

Generell lässt sich sagen - bei einer Museumslandschaft von rund 700 Museen österreichweit, ist noch ganz viel Luft nach oben. Der Anfang ist aber gemacht.

Service

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