Ausstellungsansicht "Auf Linie. NS-Kunstpolitik in Wien"

WIEN MUSEUM/LISA RASTL

Auf Linie

"NS-Kunstpolitik in Wien" im MUSA

"Auf Linie" heißt eine Ausstellung über die NS-Kunstpolitik in Wien, die vom Wien Museum veranstaltet wird und im MUSA - hinter dem Rathaus - zu sehen ist. Grundlage der Schau ist die wissenschaftliche Aufarbeitung von Mitgliedsakten der Reichskammer der bildenden Künste, also der Berufsvertretung der Künstler im Nationalsozialismus. In den Depots der Wiener Museen lagern immer noch viele Werke von Künstlern, die den Nazis begeistert zugearbeitet haben.

Das Kunstgeschehen wurde von den Nazis systematisch gleichgeschaltet, daher der Ausstellungstitel "Auf Linie". Als behördliches Instrument für die Kontrolle und Steuerung von Kunstproduktion, Ausstellungswesen und öffentlichen Aufträgen diente die Reichskammer der bildenden Künste.

Rund 3.000 Mitglieder-Akten sind erhalten, so die Kunsthistorikerin Sabine Plakolm-Forsthuber über die Reichskammer: "Eigentlich war es eine Standesvertretung. Das heißt, hier wurden auch Bescheinigungen für Materialbeschaffung ausgestellt, für Reisen, aber auch Genehmigungen für Ausstellungen. Und ganz wichtig: Um überhaupt an Wettbewerben teilnehmen zu können, musste man Mitglied dieser Reichskammer sein. Die Mitgliedschaft war die Voraussetzung für jede Form von künstlerischer Produktion." Kurzum: Wer kein Mitglied war, konnte den Beruf nicht ausüben.

Mitgliedsbuch von Heinrich Revy, 1938

WIEN MUSEUM/PAUL BAUER

Aufwändiges Bewerbungsverfahren

Für die Beantragung der Mitgliedschaft brauchte man einen Abstammungsnachweis, auch für den Ehepartner, eine aus Sicht der Nazis untadelige politische Vergangenheit, Nachweise der rechten Gesinnung sowie Fotografien von Kunstwerken - all das wurde nach Berlin zur Beurteilung geschickt. Nach dem Krieg erwiesen sich die Mitgliedsakten als wertvolle Quellen, enthielten sich doch auch Informationen über die Partei-Mitgliedschaft.

"Diese Daten sind den Kammer-Mitgliedern nach 1945 natürlich auch zum Verhängnis geworden, denn in der Entnazifizierung sind diese Quellen herangezogen worden, um eben diese Parteimitgliedschaft nachzuweisen", so die Architekturhistorikerin und Kuratorin Ingrid Holzschuh.

Kontinuität der Karriere

Nicht alle Nazi-Künstler kostete die illegale Mitgliedschaft nach dem Krieg ihre Karriere - man nehme etwa Rudolf Hermann Eisenmenger, der auch nach 1945 zahlreiche Preise und Aufträge erhielt, etwa 1955 die Gestaltung des Eisernen Vorhangs der Staatsoper. Die Ausstellung zeigt diese unerhörten Kontinuitäten anhand von Dokumenten und Kunstwerken auf.

Rudolf Eisenmenger gehört zu den prominentesten NS-Künstlern, erklärt Sabine Plakolm: "Er bekommt große Aufträge, beispielsweise für die künstlerische Ausstattung des Rathauses, eine der wenigen Arbeiten, die auch tatsächlich durchgeführt wurden, wo die Heimkehr der Ostmark ins Reich in großen Wandbildern gezeigt wurde. Es gelingt ihm immer wieder, dass seine Arbeiten angekauft werden - Goebbels war auch ein großer Fan von Eisenmenger. Er kommt sehr bald in eine NS-Elite der Künstlerschaft und wird letztendlich 1944 auch als 'Gottbegnadeter' gelistet." Gottbegnadeter zu sein, das war ein besonderes Privileg für Künstler und bedeutete sogar eine Freistellung von der Wehrpflicht.

Inszeniertes Depot

Die Ausstellung "Auf Linie" ist in zwei Teile geteilt; zunächst erfährt man in einer Archiv-Situation über die Machenschaften und die Macht der Reichskammer der bildenden Künste; und dann geht es in ein Schaudepot, wo Originale und abfotografierte Depot-Situationen absichtlich unordentlich gehängt sind, sich teilweise überlappen und wo Skulpturenteile in Transportkisten zu sehen sind.

Hier werden die Nazi-Kunstwerke etwas ruppig präsentiert, um ihnen den gruseligen Zauber zu nehmen. Die Architekturhistorikerin und Kuratorin Ingrid Holzschuh meint, es sei eine Absicht gewesen, das einzelne Objekt in der Gesamtheit untergehen zu lassen.

Zusatz zu Künstlerbiografien

Es sind überaus spannende Einblicke in einer ideologisch gefärbten und zentral gesteuerten Kunstapparat, die man hier erhält. Dabei muss man sich nicht durch Unmengen von Akten lesen - für die Ausstellung "Auf Linie" wurden die Erkenntnisse jahrelanger Archivrecherchen anschaulich und gut nachvollziehbar aufbereitet.

"Viele Biografien bekommen durch diese Akten einen Zusatz, eine Ergänzung", so Sabine Plakolm-Forsthuber, "denn die Akten legen wirklich offen, welche Funktionen die einzelnen Personen auch im Nationalsozialismus auf dem Sektor der Kunst innehatten. Und das sind wichtige Erkenntnisse, um die man viele Biografien ergänzen müssen wird."

Service

Wien Museum MUSA - "Auf Linie. NS-Kunstpolitik in Wien"

Gestaltung

  • Anna Soucek

Übersicht