Edita Gruberova

APA/HERBERT PFARRHOFER

1946 - 2021

Starsopranistin Edita Gruberova gestorben

Die Sopranistin Edita Gruberova ist tot. Sie starb am Montag im Alter von 74 Jahren in Zürich, wie ihre Familie über die Münchner Agentur Hilbert Artists Management mitteilen ließ.

Nachruf auf Edita Gruberova

Susanna Dal Monte

Sie gab die Lucrezia Borgia und die Königin der Nacht. Mehr als 50 Jahre begeistert Edita Gruberova das Opernpublikum in aller Welt und konnte sich unter anderem mit dem Ehrentitel der österreichischen Kammersängerin schmücken. Dank eines steten Feilens an ihrer Gesangstechnik konnte die prima donna assoluta noch bis ins hohe Alter ihr Publikum begeistern, wobei nicht zuletzt Wien eine künstlerische Heimat wurde. Nach ihrem Debüt als Königin der Nacht in Mozarts "Zauberflöte" 1970 stand sie rund 700 Mal in verschiedenen Rollen und Galas auf der Bühne der Staatsoper, zuletzt bei einer Gruberova-Gala 2018.

Im März 2019 verabschiedete sich die damals 72-jährige Sopranistin in der Bayerischen Staatsoper von der Opernbühne mit einer ihrer Paraderollen: Als Königin Elisabetta in Gaetano Donizettis Tragödie "Roberto Devereux" in einer Inszenierung von Christof Loy.

Edita Gruberova ist die Primadonna assoluta, die Einzigartige, die große Diva

So schwärmte der frühere Intendant der Bayerischen Staatsoper, Nikolaus Bachler, einmal. 20 Minuten Beifall waren für die Starsopranistin nicht ungewöhnlich.

Dass sie mal auf der Bühne umjubelt werden würde, wurde Gruberova nicht in die Wiege gelegt. Geboren am 23. Dezember 1946 in Bratislava, heute Slowakei, wuchs sie in einfachen Verhältnissen auf. Der Vater trank, zur Mutter dagegen entwickelte sie ein enges Verhältnis. Ihre Flucht aus der oft harten Realität: Das Singen, zuhause, im Schulchor und später im Kinderchor des Rundfunks. "Ich habe mich immer in den Gesang gerettet, auch meine Mutter hat gerne gesungen, von ihr habe ich die Stimme bekommen", sagte Gruberova in einem ihrer seltenen Interviews 2015 im Bayerischen Rundfunk (BR). In einer Biografie, die 2012 erschien, fand sie dafür poetische Worte: "Wir haben durch unser Singen unsere Seelen gelüftet."

Auf Drängen eines Pfarrers bewarb sich die musikbegeisterte junge Frau am Konservatorium in Bratislava und studierte dort von 1961 bis 1968. Danach ging es steil nach oben. An der Wiener Staatsoper debütierte sie 1970 in Mozarts "Zauberflöte" als Königin der Nacht. 1974 sang sie in derselben Rolle erstmals an der Bayerischen Staatsoper. Ihr internationaler Durchbruch kam 1976 in der Rolle der Zerbinetta in "Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss. Bald war sie eine gefragte Interpretin, sang in Mailand, New York, Madrid oder Paris. Eine hochbegabte Sängerin, für die Regisseure sogar selten gespielte Opern mit schwierigen Gesangsrollen ins Programm hoben.

Edita Gruberova

Edita Gruberova in der Rolle der Elisabetta, Königin von England während einer Probe von Gaetano Donizettis Oper "Roberto Devereux" im Dezember 2000 in der Wiener Staatsoper

APA/SCHLAGER Roland

Beinamen hat die Bayerische und Österreichische Kammersängerin im Laufe ihrer Bühnenkarriere viele errungen. "Königin der Koloratur" etwa oder "ewige Hohepriesterin des Belcanto", wie 2010 die "Wiener Zeitung" schrieb. Klar, dass sie bei all der Verehrung nicht einfach Edita Gruberova genannt wird, sondern "die Gruberova". So wie "die Callas" oder "die Caballé".

Mit dem Singen aufhören wollte die Sängerin, die zuletzt im schweizerischen Zürich lebte, nach ihrem Opernabschied nicht. Konzertauftritte und Mentorinnenschaft für jünge Sänger:innen sollten folgen.

Schauspielerei, bekannte die Gruberova einmal, habe sie auch mal interessiert, aber in der Oper komme noch die Dimension der Musik hinzu. "Das ist das Allerhöchste, was uns der Himmel, was uns Gott geschenkt hat." Ihr offiziell für Oktober 2020 geplantes letztes Konzert in Florenz hatte die Sopranistin zuletzt absagen müssen.

Erste Reaktionen

Nach dem Tod der Starsopranistin Edita Gruberova hat sich die Politik mit Beileidsbekundungen zu Wort gemeldet. "Die einzigartige Stimme der Edita Gruberova wird für immer unvergesslich bleiben", sagte Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) in einer Aussendung am Montag. Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) lobte Gruberovas unvergleichliche Stimme, die die Herzen ganzer Generationen von Opernliebhabern berührt habe.

"Sie wird als 'Königin der Koloratur' auch mir persönlich lange in Erinnerung bleiben. Österreich und insbesondere Wien können sich glücklich schätzen, dass hier der Grundstein für ihre Weltkarriere gelegt wurde und sie bis zu ihrem Karriereende immer wieder gern zurückgekehrt ist", sagte Mayer in einer Aussendung. "Im Laufe dieser sagenhaften Karriere war die Sängerin an allen wichtigen Opernhäusern der Welt zu Gast. Dabei kämpfte die wehrhafte Diva, die es den Intendanten nicht immer leichtgemacht hat, stets darum, dass die Musik und die Emotionen im Mittelpunkt stehen", ergänzte Kaup-Hasler.

Auch die Wiener Staatsoper, von der Gruberova am 23. Juni 2018 mit einem Galakonzert nach fast 50 Jahren Abschied genommen hatte, "trauert um eine Legende der Opernwelt": "Immer wieder bezeichnete Edita Gruberova die Wiener Staatsoper als ihre künstlerische Heimat, ihr Geburtshaus, ihren Olymp. Im gleichen Maße wurde sie vom Wiener Publikum, aber auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses als "unsere" Gruberova angesehen - ein Ehrentitel, der nur den Allerwenigsten zuteil wird. An der Wiener Staatsoper begann ihre einzigartige Karriere, hier feierte sie ihren internationalen Durchbruch und hier war sie in all ihren großen Rollen zu erleben", ließ Direktor Bogdan Rošcic am Abend verlauten.

"Wie kaum eine andere war die Gruberova nicht nur Legende, sondern prägte dieses Haus und seine Aufführungsgeschichte in über 700 Vorstellungen", so Rošcic weiter. "Dabei war ihre vielgerühmte stimmliche Perfektion nie Selbstzweck, sondern immer im Dienst einer kompromisslosen Hingabe an die Musik und deren bestmögliche Interpretation. Nicht nur ihre Zerbinetta, Königin der Nacht, Rosina oder ihre Lucia bleiben für alle zukünftigen Generationen gültige Referenzpunkte - und Sternstunden des menschlichen Ausdrucks."

Text: APA/red.

Übersicht