Ilse Helbich

MIA EIDLHUBER

Diagonal

Ilse Helbich - eine Jahrhundertfrau

Die Schriftstellerin ist 26. Jänner 2024 im Alter von 100 Jahren verstorben.

Für uns war sie die Frau mit den vier Leben. Das bezog sich auf ein Diagonal-Thema, das die in Wien geborene Autorin, Mitte der 1990er Jahre, Radiomacher Wolfgang Kos vorgeschlagen und als Kuratorin mitproduziert hatte: „Das Dritte Alter - Die Alten werden immer jünger oder das verlängerte Alter/Leben“.

Helbichs damaliger Redakteur: der junge Wolfgang Kos. Bereits Mitte der 1980er Jahre hatte er Helbich kennengelernt. Die Sendereihe Diagonal war gerade erst gegründet worden.

Vor meiner Diagonal-Zeit, nach meiner Wittgenstein-Zeit, hat mich persönlich sehr interessiert, ob es nicht hinter allen schon erkannten oder fast erkannten Naturgesetzen und physikalischen Theorien irgendeine geheime Kraft gibt, die sozusagen alles bewegt und die vielleicht jenseits der Kausalität steht.

Über die folgenden Jahre folgten mehrere Sendungen mit und von Helbich als Radio-Essayistin:

"Reisen Persien, Afrika überall", 1985. Eine Sendung zum Thema "Zwischenräume - über Intervalle, Abstandsverluste und das Undefinierte", 1996; oder auch über "Neue Parkideen - Aktuelle Tendenzen in der städtischen Freiraumgestaltung", 1998. Zwei Produktionen aber waren in unserer persönlichen Wahrnehmung so etwas wie redaktionelle Meilensteine: Die Sendung "Wittgensteins Erben - Über die anhaltende Wirkung eines Philosophen", 2002 und eben jene über "Das dritte Alter", 1993.

Sendungen, über die Wolfgang Kos in diesem Ilse-Helbich-Porträt berichtet.

Ilse Helbich im Garten

MIA EIDLHUBER

Noch im Herbst 2023 befand sich Ilse Helbich - wenn man so will - in ihrem vierten Alter. „Wenn nicht sogar im fünften“, wie sie im Gespräch meinte.

Helbichs Hof

ORF/ANTONIA LÖFFLER

Diagonal hatte die Autorin in ihrer Wiener Wohnung getroffen, in die sie im Sommer nach einem Sturz umziehen musste. Denn eigentlich lebte sie in Schönberg am Kamp in Niederösterreich. Der alten Thurn- und Taxischen Poststation, die sie dort als über 60-Jährige gekauft und mit lokaler Expertise saniert hatte, galt eines unserer Hauptaugenmerke für dieses Porträt. Helbich schrieb in ihrem Buch „Das Haus“, 2009, über eben dieses, doch es handelte, wie fast alles was die Autorin geschrieben hat, auch von ihr selbst.

"Das Leben ist dadurch, dass man ein Begrenzungsgefühl hat, unbeschreiblich schön".

Sätze wie diesen hörte und las man von Ilse Helbich viele. Dieser stammt aus der Ö1 Sendung "Menschenbilder".

Erst Ende der 1980er Jahre hat Ilse Helbich, als damals 65-jährige begonnen Prosa zu schreiben. Ihren ersten, autobiografischen Roman veröffentlicht sie 2003 im Alter von 80 Jahren: "Schwalbenschrift. Ein Leben von Wien aus". Er markiert einen (Aus)Bruch aus ihrem bisherigen Leben.

Ich habe dem Handke geschrieben, er hat mir geschrieben. Ich habe ihm mein Buch geschickt. Grenzland Zwischenland und da hat er mir zurückgeschrieben: "Liebe Frau Helbich, Ihr Buch ist ein sehr schönes Buch. Es hat eine zarte Wucht." Das habe ich sehr schön gefunden. Die zarte Wucht.

Ilse Helbich im Garten

MIA EIDLHUBER

Die Biografie dieser in Wien geborenen Schriftstellerin könnte ungewöhnlicher, antizyklischer und spannender nicht sein, sowohl die private wie auch die schriftstellerische. Beide fanden eine unmittelbare Verbindung in ihrer schreibenden Tätigkeit.

Für "Diagonal" war Ilse Helbich über viele Jahre so etwas wie eine Korrespondentin, in jedem Fall Ideengeberin, faszinierende Gesprächspartnerin, Kritikerin und vor allem Radioautorin - Jahre vor ihrem Autorinnen-Debüt. Und auch für die damalige Sendung brachte sie sich energetisch mit ein, die endlich einmal nicht von ihr, sondern einmal über sie berichten sollte.

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