Eine Frau hält das Plattencover von Adele hoch.

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Lebensgeschichten

"30" - Das neue Album von Adele

Sechs Jahre mussten Fans warten und sich fragen, wie es Adele geht, und ob sie noch die alte ist. Nun erscheint das neue Album "30" - und Adele bleibt sich darauf sehr treu.

120 Millionen Alben hat Adele Laurie Blue Adkins bisher verkauft. Die Engländerin, die mittlerweile in Los Angeles lebt, veröffentlichte schon mit 23 das meistverkaufte Album des 21. Jahrhunderts. "21" hieß es - Adele benennt ihre Veröffentlichungen stets nach jenem Alter, in dem sie die Arbeit daran begonnen hat. 15 Grammy Awards und neun Brit-Awards hat sie gewonnen.

Mit gewohnt großer Geste, wenn auch nachdenklich, eröffnet Adele ihr neues Album "30". "Strangers By Nature" hat etwas vom Charme eines Frank Sinatra an einer holzvertäfelten Bar. Im Film würde die Protagonistin allein durch die Nacht streifen und über die Liebe sinnieren. Natürlich ist Adele selbst diese verlorene Frau. Auf "30" - geschrieben zwischen Anfang 2019 und Anfang 2020 - kämpft die 33-Jährige mit sich selbst. "Es ist ein Album zwischen Selbst-Zerstörung, Selbstreflexion und Selbsterlösung", so die Sängerin.

Projektionsfläche für den Herzschmerz der Massen

"30" erzählt chronologisch aus Adeles Leben rund um die Scheidung von Ehemann Simon Konecki. Adressat ist auch Sohn Angelo, für den die Mama festhalten möchte, wie es ihr in dieser Zeit erging. Wie im Stück "My Little Love", in dem sie ihren Sohn direkt anspricht. Adeles Kunst ist es, ihre Gefühle zur Projektionsfläche für den Herzschmerz der Massen werden zu lassen. Diese Intimität erzeugt Adele auf "30" auch mit Privataufnahmen von Gesprächen mit ihrem Sohn, das hat etwas Bemühtes.

Selbstverständlich finden sich auch auf "30" genug potenzielle Hits und wunderbar groovende Nummern. Das Produzententeam rund um Greg Kurstin, kennt die Erfolgsformel und weiß, was zu tun ist. "Can I Get It" oder "Oh My God" können schon jetzt als sichere Charterfolge angesehen werden.

Adeles Therapiestunde

Es gibt Momente auf "30", da fühlt man sich, als ob man einer Therapiestunde lauscht: Die Texte strotzen vor Selbstanklagen und Adeles Versuch, sich im Innen wie im Außen neu zu finden. Sie habe Zweifel gehabt, ob sie dieses sehr persönliche Werk veröffentlichen möchte, so die Sängerin. "Es gab Zeiten, da wusste ich nicht, ob diese Songs jemals jemand hören würde. Aber am Ende war diese Erfahrung für mich durch und durch positiv", so Adele.

Sie habe nie gedacht, einmal Textzeilen wie "Ich halte es nicht aus, ich zu sein" zu schreiben. In "Hold On", einer intensiven Durchhaltenummer, stellt sich Adele ihren negativen Mustern. "Ich wollte dazu stehen, dass ich manchmal die Dinge vermassle, dass ich wirklich versuche, Verhaltensmuster, mit denen ich geboren wurde, zu verlernen." Es war ein notwendiger Schritt, und sie habe schließlich gelernt, sich selbst zu verzeihen. "Wenn ich diese Texte nicht geschrieben hätte, hätte ich mich nicht weiterentwickeln können. Außerdem lernte ich so, mir selbst zu verzeihen."

Ein elegantes, solides Werk

"Love is a losing Game" sang einst Amy Winehouse, Adele streicht den negativen Touch und erklärt die Liebe schlicht zum Spiel, eines, das sie auch gewinnen kann. Am Ende von "30" erlaubt sich eine geläuterte Adele einen optimistischen Blick in die Zukunft, inklusive Streicher und Sixties-Ästhetik.

Aus der 20-jährigen ungezwungenen Londonerin des Debüts ist ein geschiedener Weltstar geworden. Wäre Adele eine Serie, "30" wäre Staffel vier. Die reiht sich zwar elegant und solide ein in die größere Erzählung, sticht aber auch nicht hervor.

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