Weihnachtsuhr vom Anfang des 20. Jahrhundert

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Des Cis

Wir sagen euch an den lieben Advent

Seit einigen Jahren hat sich in der Ö1 Musikredaktion die Tradition eines „klingenden Adventskalenders“ entwickelt. 2021 wird es ein instrumentaler Kalender sein: Die Stücke des Weihnachtsbaumes von Franz Liszt für Klavier werden wochentags kurz vor Zwölf in der Sendung Des Cis sowie morgens an den Wochenenden und Feiertags in Guten Morgen Österreich zur Einstimmung auf Weihnachten einladen.

Die Tradition des Adventkalenders in unserem Kulturraum reicht bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Der Hamburger Johann Hinrich Wichern wird oft als „Erfinder“ des Adventkalenders bezeichnet. Er war Vorstand eines evangelischen „Knabenrettungshauses“ und hatte die Idee zu einem leuchtenden Kalender: auf einem alten Wagenrad brachte er 20 rote und vier weiße Kerzen an, bei der täglichen Andacht wurde jeweils eine Kerze angezündet. Oder man hing, beginnend mit dem 1. Dezember, täglich ein Bild mit weihnachtlichen Motiven in den Zimmern auf.

Adventkalender mit Türchen aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts

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24 Kreidestriche und „Adventbäumchen“

24 Kreidestriche an den Türpfosten, die allmorgendlich weggewischt wurden, waren eine weitere Möglichkeit zu sehen, wie lang es bis Weihnachten noch dauerte. Die Tradition der „Adventbäumchen“ entwickelte sich ebenfalls in dieser Zeit: Auf selbst gebastelten Holzgestellen wurden täglich Zettelchen mit frommen Sprüchen, Sterne oder kleine Fähnchen angebracht. Diese Bräuche waren eher bei den evangelischen Christen in (Nord-)Deutschland üblich.

24 Tage, 24 Teile, 24 Leitersprossen

Bei den katholischen Familien ging man durch die 24 Tage, indem täglich von einem Kind ein Strohhalm in eine Krippe gelegt wurde, um die Unterlage für das Jesuskind bereits vorzubereiten. Die Symbolik des Lichts war auch hier präsent: Eine (lange) Kerze wurde in 24 Teile unterteilt, jeden Abend ein Teil abgebrannt, und die kleiner werdende Kerze brachte die Menschen so täglich näher ans Weihnachtsfest.

Aus Österreich ist der Brauch der „Himmelsleiter“ überliefert: Eine Jesus-Figur wurde täglich eine Leitersprosse weiter nach unten bewegt, um schließlich zu Weihnachten „auf der Erde“ anzukommen. Auch gab es sogenannte Weihnachtsuhren: Eine Scheibe wurde in 24 Teile unterteilt, die ein motivisch passendes Bild, einen Liedtext oder einen entsprechend frommen Spruch enthielten, und täglich wurde ein Zeiger weitergestellt.

Der erste gedruckte Adventskalender

Der erste gedruckte Adventskalender wurde 1902 in Hamburg veröffentlicht. 1923 brachte der Münchner Verleger Gerhard Lang einen Ausschneidekalender unter dem Titel „Im Lande des Christkinds“ mit 24 Bildern heraus. Dieser Verlag veröffentlichte auch den ersten Adventskalender in Brailleschrift und entwickelte einen Kalender mit Türchen, wohinter sich kleine Schokoladestückchen verbargen.

Der Weihnachtsbaum von Franz Liszt als musikalischer Ö1 Adventskalender

Zwischen 1874 und 1876 schreibt Franz Liszt kleine weihnachtliche Stücke für seine Enkelin Daniela von Bülow (Tochter aus erster Ehe von Cosima mit dem Dirigenten Hans von Bülow). Am Weihnachtstag 1881 wurde der kleine Zyklus von zwölf Stücken in einem Hotelzimmer erstmals familienintern gespielt. Das Werk wird oft mit Schumanns „Album für die Jugend“ oder Debussys Children’s Corner verglichen.

Mit zwölf Stücken würden wir nicht bis zum Heiligen Abend kommen, daher bietet der Ö1 Adventkalender eine Besonderheit: Wie bei anderen Stücken hat Liszt auch hier mehrere Umarbeitungen vorgenommen, so bringen wir die ursprünglichen zwölf Stücke in der Ausgangsform und in der Druckfassung von 1882. Und auch bei den Aufnahmen sind viele Kostbarkeiten dabei, so etwa die überhaupt erste Einspielung des Zyklus im Jahre 1951 durch einen damals erst 20-jährigen österreichischen Pianisten. Sein Name: Alfred Brendel.