Eine Illustration der Lebenslinien auf einer Hand.

ORF/ISABELLE ORSINI ROSENBERG

Hörbilder

"Am Wendepunkt"

Wenn das Leben die Richtung ändert - eine "Hörbilder"-Reihe. NEUE Folgen ab Herbst 2023.

Menschen erzählen von Wendepunkten, die ihr Leben nachhaltig geprägt haben. Maria Anders (Name von der Redaktion geändert) etwa unternimmt 17-jährig mit Schulkolleg/innen eine Sprachreise nach Frankreich. Ein Unfall auf dem Institutsgelände verändert ihr Leben und ihre Pläne von Grund auf. Die Folge dieses Unfalls ist eine Querschnittlähmung.

Am Wendepunkt

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"Ich glaube, dass ich dadurch schneller erwachsen geworden bin. Und ich habe Verantwortung für meine Situation übernommen". Heute berät Maria Anders als klinische Psychologin Krebspatient/innen.

Eine Reise ins Innere

In der Serie wird ebenso von positiven Zäsuren die Rede sein. Der Vorarlberger Anton Sutterlüty etwa erzählt, wie er über einen Millionengewinn zu seiner Berufung gefunden hat. Wendepunkte können aber auch bewusst getroffene Entscheidungen sein. Christian E. Weißgerber beschreibt seinen Ausstieg aus der rechtsextremen Szene. Ferdinand F. Planegger schildert seinen langen, schwierigen Weg aus Alkoholsucht und Obdachlosigkeit – sowie sein beeindruckendes Leben, das er sich nach dieser entscheidenden Wende aufgebaut hat. „Dass ich zum Trinken aufgehört hab´, war das Wichtigste. Sonst wär ich heut´nicht mehr da!“

Spurwechsel, bewusst herbeigeführt oder als unerwartetes Ereignis, sind immer eine besondere Herausforderung. Die Menschen nehmen uns auf ihre Reise ins Innere mit. Sie berichten, was sie bestärkt hat, diese Herausforderung anzunehmen, und wie es ihren Blick auf das Leben und die Welt verändert hat.

"Ich muss jetzt einen Paukenschlag machen, sonst hört das wieder niemand",
Nicola Werdenigg

Im Leben von Nicola Werdenigg hat es mehrere Wendepunkte gegeben. Sie erinnert sich an einen im Jahr 1981: "Ich sehe das ganz genau vor mir, den Moment spüre ich körperlich. Meine Wohnung in Innsbruck war sonnendurchflutet, und ich bin an meinem Schreibtisch gesessen, mit einer alten Schreibmaschine, und plötzlich ist es mir ganz leicht geworden, ich habe mich vogelfrei gefühlt und ich habe gewusst: Das mache ich nicht mehr."

Nicola Werdenigg

APA/FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUMMAYR

Nicola Werdenigg

Machtmissbrauch Spitzensport

Nicola Werdenigg ist 21 Jahre alt und hat die Nase voll vom Spitzensport. Sie beendet ihre Skirennkarriere und fällt in ein emotionales Loch. Werdenigg ist praktisch auf der Piste aufgewachsen, ihre Eltern hatten eine Skischule im Zillertal. Sie ist auf eine Skihauptschule gegangen, dann auf ein Skigymnasium. Ihre erste Skiweltcupsaison absolvierte sie mit 15 Jahren, mit 16 Jahren war sie die jüngste österreichische Staatsmeisterin im Abfahrtslauf, mit 17 Olympia-Vierte. Sie kannte keine andere Welt als die des Skisports.

Was ihr in ihrer aktiven Zeit im österreichischen Leistungssport widerfahren ist, erfährt die Öffentlichkeit erst Jahrzehnte später. 2017: Sie sitzt wieder an einem Schreibtisch. Diesmal in ihrer Wiener Wohnung und nicht an einer Schreibmaschine, sondern vor dem Computer. In ihrem Newsfeed taucht eine Meldung auf: Ein Volleyballtrainer wurde wegen Verdachts auf schweren sexuellen Missbrauch von Mädchen festgenommen. Mehr als 50 Kinder soll er über viele Jahre hinweg belästigt und missbraucht haben. "Das hat mich auf den Plan gerufen. Ich bin grantig geworden." Die Meldung verschwindet bald aus den Nachrichten. Werdenigg war klar: "Ich muss jetzt einen Paukenschlag machen, sonst hört das wieder niemand."

Nicht mehr zu stoppen ...

In der Tageszeitung "Der Standard" erscheint ihre Geschichte. Sie erzählt von systematischem Machtmissbrauch, von Sexismus im österreichischen Spitzensport und von ihrer Vergewaltigung durch einen Teamkollegen. Als sie am Tag der Veröffentlichung ihr Handy einschaltet, hat sie mehr als 200 Nachrichten erhalten. In dem Moment weiß sie: "Jetzt beginnt etwas, das nicht mehr zu stoppen ist." Ein Wendepunkt, sowohl für Nicola Werdenigg persönlich als auch für den Sport in Österreich.

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