
2021 FOCUS FEATURES, LLC.
Film
Kenneth Branaghs "Belfast"
Der britische Regisseur und Schauspieler Kenneth Branagh hat einen sehr persönlichen Film über seine Kindheit gedreht: "Belfast" tritt mit sieben Oscar-Nominierungen bei der kommenden Verleihung Ende März an.
26. März 2022, 02:00
Mangelnde Abwechslung bei der Wahl seiner Filmprojekte kann man Kenneth Branagh wahrlich nicht vorwerfen. Der 1960 in Belfast geborene Künstler fühlt sich bei Shakespeare-Stoffen genauso aufgehoben wie in Hollywood-Großproduktionen. Zurzeit läuft seine Version des Krimi-Klassikers "Tod auf dem Nil" in den österreichischen Kinos. Doch fast nebenbei hat Branagh "Belfast" gedreht.

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Autobiografische Einflüsse
Eigentlich könnte der neunjährige Buddy (Jude Hill) eine glückliche Kindheit im Belfast des Jahres 1969 erleben. In seiner Wohnstraße herrscht geschäftiges Treiben, immer lassen sich Mitspieler für Fußball finden, und wenn nicht, dann schlüpft der Bub in die Rolle eines Ritters, mit Müllkübeldeckel als Schild. Buddys protestantische Arbeiterfamilie lebt in friedlichem Einvernehmen mit katholischen Nachbarn, bis es im August 1969 zu gewaltsamen Übergriffen protestantischer Loyalisten kommt. Buddys Vater (Jamie Dornan) sucht nach Alternativen, auswandern nach Australien oder Kanada zum Beispiel.
Der Nordirland-Konflikt überschattet zwar den gesamten Film, doch im Zentrum steht das Aufwachsen des Buben mit seinen Höhen und Tiefen. Dass Regisseur Kenneth Branagh dabei Lebensnähe und Authentizität zum Erzählprinzip erhebt, hat einen gewichtigen, autobiografischen Hintergrund: "Belfast hat dramatische Geschichten zu bieten, oft ziemlich gewalttätig; meine Familie und ich waren da damals mittendrin", erzählt Regisseur Branagh.
Alltagsabenteuer
Mit kindlichem Witz und dennoch angemessenem Realitätssinn erkundet Branagh die Gefühlswelt des Neunjährigen, begleitet ihn bei Alltagsabenteuern und Familienproblemen: Da wären die ständigen Geldsorgen der Eltern mit gehörigem Konfliktpotenzial, ein Diebstahl im Süßwarengeschäft, quasi Mutprobe, Geborgenheit, Verständnis und Güte bei den Großeltern (Judi Dench und Ciarán Hinds), Druck auf die Familie, im politischen Konflikt endlich klar Partei zu ergreifen, die oftmalige Abwesenheit des Vaters und schließlich Buddys erste Erfahrungen mit der Liebe.
Und noch eine Liebe ist für den zukünftigen Regisseur Branagh in jungen Jahren unverkennbar: jene zu Kino und Fernsehen. Von den Anfängen von Star Trek über US-Western-Klassiker wie "High Noon" bis hin zu turbulenten Geschichten wie "Tschitti Tschitti Bäng Bang" reicht die Begeisterung des Buben. "Geschichten, die auch als Filter für meine eigenen Erfahrungen gedient hätten", so Branagh.
Gedreht in Schwarz-Weiß
Regisseur Branagh taucht seine Kindheitserinnerungen in ein kontrastreiches Schwarz-Weiß. Der Film "Belfast" ist aber alles andere als das. Gerade in dieser Farbwahl liegt mal eine poetische dann wieder raue Qualität, die die unbeschwerten Momente dieser Kindheit genauso akzentuiert wie die groben Auswüchse bürgerkriegsähnlicher Zustände.
Gestaltung
- Arnold Schnötzinger