Ein Monument wird mit Sandsäcken vor Angriffen geschützt.

AFP/BULENT KILIC

Ukraine

Zerstörung des kulturellen Erbes

Der Krieg in der Ukraine ist in erster Linie eine humanitäre Katastrophe, mit der Bombardierung der Städte werden aber auch täglich nicht nur Menschen getötet, Wohnhäuser und Infrastruktur dem Erdboden gleich gemacht, sondern auch Museen, Kunstwerke, Bibliotheken und historische Bauwerke zerstört, die für die Welt für immer verloren gehen.

Der ukrainische Kurator und Journalist Konstantin Akinscha, der schon lange in den USA und Europa lebt, dokumentiert in einem Blogg die systematische Zerstörung des kulturellen Erbes der Ukraine.

"Was wir sehen, ist ein willkürlicher Akt der Barbarei", Konstantin Alkinscha

Seit 4. März veröffentlicht der 61-Jährige fast täglich Bilder und Beschreibungen der Zerstörung - die durchaus mit jener des Zweiten Weltkrieges zu vergleichen sei: "Ich habe Fotografien aus der Nazizeit und welche von heute nebeneinandergelegt und sie schauen fast gleich aus."

Für Evakuierung zu spät

Ein paar Beispiele der aktuellen Zerstörung: Das kleine Heimatmuseum in Oktyrka gibt es nicht mehr, das Popow Herrenhaus in Wassiljewka, ein Geschichtsmuseum, ist geplündert und beschädigt, das neugotische Tarnowsky-Museum in Tschernihiw ist dem Erdboden gleich gemacht und das Charkiwer Kunstmuseum hat kein einziges Fenster mehr. Was hier die russischen Bomben nicht zerstört haben, werden bald Wind und Regen besorgen.

Erst seit Beginn des Krieges habe man im Westen bemerkt, dass es in der Ukraine überhaupt Museen gäbe, sagt Akinscha, nicht ohne Bitterkeit, denn für ukrainische Kunst habe sich der Westen davor nicht interessiert. Dabei gäbe es allein in Kiew über 30 Museen, mit einer Bandbreite vom Altertum bis heute. Es sei ein Fehler gewesen, die Museen nicht früher zu evakuieren, so Akinscha, jetzt sei es dafür zu spät.

Auch russisches Kulturgut bedroht

Vor dem Krieg hätte man Panik vermeiden wollen, außerdem hätte Personal gefehlt, um die hunderttausenden Objekte in den Museen sicher zu verwahren, ganz zu schweigen von den Archiven und Bibliotheken. Doch nicht nur ukrainisches Kulturgut sei bedroht, die Russen würden auch ihre eignen Kulturschätze zerstören.

Etwa die konstruktivistischen Monumentalbauten in Charkiw, Prunkstücke der sowjetischen Moderne, oder Hauptwerke des russischen Künstlers Ilya Repin, die im bombardierten Charkiwer Kunstmuseum hängen. Und auch internationale Werke sind in Gefahr, Gemälde niederländischer Meister genauso wie griechische und römische Ausgrabungen.

Das Interesse an ukrainischer Kunst, aber auch die Bereitschaft zu helfen, sei im Westen mit Beginn des Krieges gestiegen. So würden deutsche Museen etwa geflüchtete ukrainische Kuratorinnen und Kuratoren beschäftigen, im Wiener Künstlerhaus ist im Sommer eine Ausstellung zur ukrainischen Gegenwart-Kunst geplant. Sein Blogg würde Akinscha am liebsten sofort beenden, fürchtet aber, dass da noch einige Einträge dazu kommen werden.

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Konstantin Akinscha

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