Dachlandschaft in Barcelona, Antoni Gaudí

ORF/EDGAR SCHÜTZ

Ö1 Reiseatlas

Barcelona (Spanien)

Ikone des Modernisme, des katalanischen Jugendstils. Auf den Spuren von Antoni Gaudí durch Barcelona und Umgebung.

Barcelona (Spanien)

Es ist der wohl am öftesten zitierte Satz über den Architekten Antoni Gaudí, der vor 170 Jahren geboren wurde: "Wer weiß, ob wir das Diplom einem Verrückten oder einem Genie gegeben haben - nur die Zeit wird es uns sagen", zweifelte der Direktor der Escola Tècnica Superior d'Arquitectura de Barcelona, Elies Rogent, als Gaudí am 15. März des Jahres 1878 sein Abschlusszeugnis an dieser Architekturschule erhielt. Letztlich dürfte das Genie überwogen haben, selbst wenn so manches Bauwerk Gaudís bis heute etwas exzentrisch erscheint. Längst gilt er als Ikone des Modernisme, der katalanischen Spielart des Jugendstils.

Jedoch: Wo Antoni Gaudí am 25. Juni 1852 tatsächlich das Licht der Welt erblickte, darüber lässt in der Comarca Baix Camp in der katalanischen Provinz Tarrago-na vortrefflich streiten. Jahrzehntelang war klar, dass dies nur in Reus geschehen sein konnte, wo der kleine Antoni auch am Tag darauf getauft worden war. Dies ist im Taufbuch der Iglesia Prioral de Sant Pere vermerkt, ein Geburtsregister gab es damals noch nicht. Daher gibt es seit den 1970er Jahren Stimmen, die unter Berufung auf die Erzählungen einer Hebamme meinen, dass Gaudí in Wahrheit in Riudoms auf die Welt kam. In dem rund sieben Kilometer von Reus - damals mit 35.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Kataloniens - entfernten Ort hatte die Familie Gaudí väterlicherseits ein kleines Landgut, in dem sie die Sommer verbrachten. Auch hatte sein Vater dort ebenso wie in Reus eine kleine Werkstatt. Tatsache dürfte indes sein, dass diese Kesselschmieden sowie die Natur rund um Reus und Riudoms den Architekten in seinem Werk inspirierten. Das lässt sich sowohl in der kleinen Casa Pairal d'Antoni Gaudí in Riudoms als auch dem weitaus größeren Gaudí Centre Reus erfahren.

Bauwerke von Gaudí gibt es in Reus aber keine. Sein erstes Werk war die Cooperativa la Obrera im zwei Autostunden entfernten Mataró. Zu Beginn seiner Laufbahn sympathisierte Gaudí nämlich sogar mit der (antiklerikalen) Arbeiterbewegung. Später arbeitete er eher für das betuchte Großbürgertum, die zur Zeit der Renaixença, einer ersten romantischen Phase der Betonung des Katalanischen, mit architektonisch besonders gewagten Stadtpalais Reichtum und Einfluss zur Schau stellen wollten. Das kann in Barcelona anhand von mitunter etwas schwurbeligen Stilikonen nachvollzogen werden, etwa des Palau Güell, der Casa Battló oder der Casa Milá, die von Gaudís Zeitgenosse allerdings spöttisch "La Pedrera" (Steinbruch) genannt wurde. Touristische Hauptattraktion ist freilich immer noch die große "Unvollendete", die katholische Basilika "Sagrada Familia". An sich hätte sie zu Gaudís 100. Todestag im Jahr 2026 fertiggestellt werden sollen. Allerdings dürfte das Coronavirus auch hier als Spielverderber auftreten. Schließlich werden die Bauarbeiten zu einem beträchtlichen Teil aus den Besuchereinnahmen finanziert ...

Ö1 Ambiente Sendung vom 26. Juni 2022
Gestaltung: Edgar Schütz, Redaktion: Ursula Burkert

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