Gerhard Polt

DYONIS ASENKERSCHBAUMER

Gedanken von Gerhard Polt

"Ich resigniere, aber vital"

Der Erzähler, Satiriker und Hörspielmacher Gerhard Polt wird 80

Das erste Mal habe ich Gerhard Polt bewusst im Film "Kehraus" Anfang der 1980er Jahre gesehen, in dieser todtraurigen Komödie über die Versicherungsbranche, die Ohnmacht des bzw. der Einzelnen und die unendlichen Labyrinthe der Bürokratie. Wie auch in der Fernseh-Sketchreihe "Fast wia im richtigen Leben" gelang Gerhard Polt gemeinsam mit Gisela Schneeberger eine tragikomische Sozialsatire. Der "Spiegel" bezeichnete "Kehraus" als eine "Komödie aus lauter kleinen Tragödien". Regie führte damals, wie so oft bei Polt-Stücken, Hanns Christian Müller. Beeindruckend ist, wie Polt es immer wieder gelingt, den Aberwitz, die Spießigkeit und Trostlosigkeit seiner Figuren auszudrücken, ohne sie je zu denunzieren.

Die Banalität ist eine unglaubliche Quelle

"Der Ausflug in die Welt der Peripherie lohnt sich fast immer, weil genauso, wie das Kleingedruckte sehr bedeutsam für einen großen Text ist, sind eben diese kleinen oder kaum wahrgenommenen Welten auch bedeutsam. Ich würde sagen, dass die Banalität eine unglaubliche Quelle ist, aus der man sehr viel rausholen kann", sagte Polt, ein aufmerksamer Zuhörer und Beobachter, im Interview, das in seiner kleinen Münchner Arbeitswohnung stattfand. Eine Fahrt mit der Straßenbahn kann für ihn zu einer aufschlussreichen Reise in die Psyche des Menschen - vorzugsweise des bayerischen Menschen - werden.

Wollte Bootsverleiher werden

Eine gemächliche Gangart ist es, die Polts Leben und Agieren bestimmt, das durfte ich auch im Anschluss an unser Gespräch erfahren, als mich Gerhard Polt in seinem Mittelklassewagen zum Bahnhof brachte. Es war die langsamste und wahrscheinlich sicherste Autofahrt meines Lebens.

Diese ruhige und besonnene Herangehensweise war seiner Produktivität nicht abträglich. Unzählige Texte, Theaterstücke und Revuen für die Münchner Kammerspiele, Sketche, Filme, Hörspiele, Schallplatten und Kabarettabende sind entstanden. Mit Otto Grünmandl, den Toten Hosen und Biermösl Blosn, später Well-Brüder aus’m Biermoos, ist er aufgetreten.

Kabarettist aus Zufall

Eigentlich wollte er Bootsverleiher werden, nur durch Zufall ist er zum Kabarett gekommen. Polt: "Die Frage natürlich bleibt dem Menschen: Lebe ich, oder werde ich gelebt? Bin ich Subjekt oder Objekt? Träum ich, oder werde ich geträumt? Kabarettist bin ich aus Zufall geworden. Das schöne Wort Zufall. Es ist mir zugefallen, weil ich Leute kennenlernte, die mir gesagt haben: Mach das! Ich wäre nie auf die Idee gekommen, auf eine Bühne zu gehen."

Es sind die Widersprüche, die Paradoxien im menschlichen Leben, die es ihm angetan haben, dort liegt - seiner Meinung nach - die Wurzel des Humors und der Komik. Er schafft es, ungemein komplizierte philosophische Inhalte in ein paar lakonische Sätze zu fassen, hat aber auch keine Scheu, sich in Details zu verlieren. "Nichts Genaues weiß man nicht" - dieses Lebensgefühl, das ihm so sehr entspricht, gibt er auch seinen Bühnenfiguren mit auf den Weg.

Deutscher Kleinkunstpreis 1980

Dabei verleiht er jedem seiner Charaktere eine eigene Sprache. Oder ist auch durchaus bereit, auf der Bühne zu schweigen und circa zehn Minuten lang einfach nichts zu sagen beziehungsweise zu sagen, dass er nichts sagen wird. So geschehen vor mehr als 40 Jahren, als Polt bei der Verleihung des Deutschen Kleinkunstpreises angehalten worden war, sich einer politischen Äußerung zu enthalten. Daraus machte er eine legendäre Kabarettnummer, nach dem Motto: "Reden ist Silber, Schweigen ist Gold". Am 7. Mai feiert der Erzähler Gerhard Polt seinen 80. Geburtstag.

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