Elfriede Gerstl

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Ö1 Schwerpunkt

Elfriede Gerstl zum 90. Geburtstag

Heute, am 16. Juni, wäre die Dichterin Elfriede Gerstl 90 Jahre alt geworden. Welchen Eindruck die im April 2009 verstorbene Wienerin in der heimischen Literaturszene hinterlassen hat, zeigt sich in den zahlreichen Würdigungen: Ein Theaterabend sowie ein kürzlich erschienener Essay erinnern an Gerstl. Auf Ö1 gibt es dieser Tage unter anderem Texte von und ein Hörspiel über die Dichterin zu hören.

Seit Montag spricht der Literaturkritiker und Übersetzer Cornelius Hell unter dem Titel "mein himmel ist hier und jetzt" in der Sendereihe "Gedanken für den Tag" über die Dichterin und ihr Text "Über Mode(n)" war in den "Radiogeschichten" zu hören.

Am Samstag steht dann um 14:00 Uhr im Hörspieltermin "GEH DICHT DICHTIG! Hörspieldialog mit Elfriede Gerstl" auf dem Programm. Die in Berlin lebende Autorin Ruth Johanna Benrath tritt damit in einen fiktiven Dialog mit Gerstl, der sie zwar nie begegnet, aber auf sprachlicher Ebene verbunden ist. Die Schauspielerinnen Gerti Drassl (Elfriede Gerstl) und Dörte Lyssewski (Ruth Johanna Benrath) schlüpfen in die Rollen der Autorinnen, Regie führte Christine Nagel.

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oe1.ORF.at - Hörspiel

Weitere Würdigungen

Unter dem Titel "wannst net sterbst sehn ma uns im nächsten herbst", erinnerte das Wiener TAG - Theater an der Gumpendorfer Straße bereits am 14. Juni an Elfriede Gerstl - Johanna Orsini und Martina Spitzer spielten darin zwei Frauen, die eine Live-Radiosendung mit Texten von und über sie machen. Gerstls Gedicht "Kleiderflug", in dem sie Texte, Textilien und Wohngelegenheiten in treffenden Metaphern verschränkt, ist wiederum der zentrale Gegenstand eines literarischen Essays von Sabine Scholl. Die Stadt Wien Kultur hatte die Autorin eingeladen, Gerstls Werk zu thematisieren. "Über Elfriede Gerstl", das die poetischen Praktiken der Dichterin erkundet, erschien im Mai im Mandelbaum Verlag.

NS-Überlebende als U-Boot in Wien

Gerstl wurde am 16. Juni 1932 in Wien geboren, als Jüdin überlebte sie die NS-Zeit in mehreren Verstecken. Später studierte sie Medizin und Psychologie, brach das Studium jedoch ab und heiratete den Lyriker und Übersetzer Gerald Bisinger. Sie war im Umkreis der Autoren der Wiener Gruppe und der frühen Aktionisten, die aus Wien vertrieben wurden, aktiv. Die 1960er Jahre verbrachte sie in Berlin, 1968 zog sie schließlich nach Wien zurück und positionierte sich dort außerhalb des Literaturbetriebs. Zum Schriftsteller Herbert J. Wimmer verband sie eine Lebensfreundschaft. Eine fünfbändige Werkausgabe Gerstls wurde beim Literaturverlag Droschl veröffentlicht, zehn "Denkkrümel" - wie Gerstl einige ihrer Texte nannte - sind vor Kurzem außerdem auf Literatur-Postkarten erschienen, heißt es in einer Aussendung des Verlags.

Für ihre Werke - Gedichte, Essays und kurze Prosastücke - erhielt sie mehrere Preise, unter anderem den Erich-Fried-Preis, den Österreichischen Würdigungspreis für Literatur sowie den Preis der Stadt Wien für Literatur. "Ich verlange, dass die Werke Elfriede Gerstls die nächsten hundert Jahre (und noch viel länger) gelesen werden. Das ist eine Stimme in der österreichischen Literatur, die nie verstummen darf", schrieb Elfriede Jelinek im "Standard", als ihre Freundin 2009 einem Krebsleiden erlag. Sie betonte die "gellende Leichtigkeit, diese zarten, aber durchdringend leisen Gedanken" Gerstls.

Text: APA/Red.