Vally Weigl

GEMEINFREI

Komponistinnen!

High Visibility

Neuauflage der Sommerserie zu Musik und Frauenleben.

Die Initiative aus dem Sommer 2021 wird fortgesetzt: Am Sendeplatz von "Digital.Leben" wird über sechs Wochen lang jeweils von Montag bis Donnerstag eine Komponistin porträtiert. Ein dringlich-drängender Motor für diese Komponistinnen-Galerie ist die European Broadcasting Union, die mit all ihren verfügbaren Mitteln auf Gender-Balance, auf Nachhaltigkeit und auf Diversität setzt.

Noch sind im analogen öffentlichen Raum die Leistungen von Komponistinnen kaum sichtbar. Das Einzige, was sich ändert: Der Mangel wird als schmerzhafter empfunden. Nach einer Vally-Weigl-Gasse im Sonnwendviertel des 10. Wiener Gemeindebezirks und einem Elsa-Bienenfeld-Weg in Floridsdorf soll es nun endlich eine Marianna-Martinez-Gasse geben.

Es gibt keine Statue einer Komponistin im öffentlichen Raum in Wien, noch fehlen an den Wohnorten und Wirkungsstätten der großen Meisterinnen Tafeln: Weder ist am Michaelerhaus der Konzertsalon der Marianna Martinez bezeichnet, noch sind die Stätten des Triumphs der Clara Schumann sichtbar, weder ist der Konzertsaal der Klavierunternehmerin Nannette Streicher im Wiener Stadtbild erkennbar noch die Schule der Maria Theresia Paradis, weder ist die von Beethoven verehrte und geförderte Leopoldine Blahetka in der Florianigasse zu finden noch Mathilde Kralik in der Weimarer Straße.

Elsa Bienenfeld

Elsa Bienenfeld

GEMEINFREI

23 Standbilder aus Radiowellen

Jetzt entstehen wieder 23 ephemere Kunstwerke im Raum des Äthers, Standbilder aus Radiowellen, Markierungen im öffentlichen Raum des Ö1 Musiklebens. Sie sollen Musik und Frauenleben von Komponistinnen aller Zeiten und Länder darstellen, vor allem von jenen Musikschaffenden, die gegenwärtig den österreichischen Konzertveranstaltern und Ensembles verbunden sind.

Gefragt wird, in welche Strukturen sie hineingeboren wurden, welche Lebensformen sie gewählt haben, ob und welche Institutionen sie begründet haben, welche Netzwerke sie nützen konnten, wer sie gefördert (oder behindert) hat, welches Genre der Komposition sie gewählt haben, worin die Erfolgsfaktoren ihrer Karriere bestehen und worin ihr Erfolg. Welche Anerkennung widerfuhr ihnen? Wie ging die Musikgeschichtsschreibung mit ihnen um?

Strategien, Hürden zu überwinden

Und das Frauenleben? Sollen Frauen wieder gefragt werden, wie sie Kind und Karriere unter einen Hut bringen? Weniger spezifisch wird die Frage gestellt, wie weibliche Musikschaffende ihre Wünsche an das Leben mit ihrem Wunsch zu komponieren verbinden können. Europäische Programme üben sich darin, Stolpersteine aus dem Weg zu räumen, und budgetieren etwa Kosten für Pflege.

Auch jene, die sich in Kolumnen und Podcasts der Geschichte der Frauen annehmen, richten ihren Blick kaum auf Komponistinnen. Dabei würde das Nachzeichnen von Komponistinnen-Karrieren einen Reichtum an Strategien für die Kunst, Hürden zu überwinden, eröffnen.

Erschreckende Zahlen

Lassen wir uns, bei aller Freude, nicht von einzelnen Karrieren täuschen! Die Zeit drängt, etwas zu verändern, die Zahlen sind erschreckend: Auch wenn sich in den Generationen der Geburtsjahrgänge ab 1950 immer mehr Frauen zum Beruf der Komponistin bekennen - immerhin 30 Prozent der Kompositionsstudierenden sind Frauen -, so herrscht doch eine extreme Unbalance der Geschlechter zuungunsten der Frauen, zum Beispiel bei den Förderungspreisen der Stadt Wien in Musik: Vergeben seit 1951, stehen 17 Frauen 130 Preisträgern gegenüber.

"Der Standard" nannte es im April einen "steinigen Weg". Eine erste Analyse zeigt, dass die Funktion einen Einfluss auf die Wertschätzung hat: Die Aufführungschancen erhöhen sich sprunghaft, wenn Komponisten Generalsekretäre, Verlagsgründer, Universitätsprofessoren oder Intendanten sind.

Women in German 'Berufsorchester'

21 führende amerikanische Orchester haben für die Saison 2019/20 den Anteil der Werke von Frauen ermittelt: 19,5 Prozent; der Anteil des Budgets für Werke von Frauen belief sich auf 6,5 Prozent, allein jener für Beethoven-Werke auf 10,6 Prozent. Das Frankfurter Archiv Frau und Musik ermittelte bei den Abonnementreihen einen Anteil von weniger als zwei Prozent der Programme für Werke von Komponistinnen. Die Studie trägt den Titel "Women in High-Visibility Roles in German 'Berufsorchester'".

Gestaltung

  • Irene Suchy