Gustav Peichl

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Salzburger Nachtstudio

50 Jahre Peichl-Torte

Im Jahr 1972 werden die vier neuen ORF-Landesstudios der sogenannten ORF-Weststrecke feierlich eröffnet. Den Anfang macht Salzburg am 21. Juli. Die zeitliche Nähe der Eröffnung des Funkhauses zu jener der Festspiele am 27. Juli ist geplant. Es folgen Linz am 6., Innsbruck am 13. und Dornbirn am 20. Oktober.

Damit wird das Ende der seit 1945 provisorisch eingerichteten Rundfunkstudios in den Bundesländern in Österreich eingeleitet. So war beispielsweise das Funkhaus in Salzburg im Franziskanerkloster der Stadt untergebracht, in Innsbruck im Landhaus.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird Österreich in vier Besatzungszonen aufgeteilt und der Rundfunk dezentral in vier Gruppen neu geordnet. Im Gegensatz zur Frühzeit des Radios in Österreich von 1924 bis 1938 gibt es dadurch keine zentralistischen Vorgaben aus Wien. Der Rundfunk ist regionalisiert. Nach dem Abzug der Alliierten im Jahr 1955 soll dies auch so bleiben. Am 1. August 1955 startet das Fernsehen offiziell in Österreich. Auch dieses Datum steht im Zusammenhang mit den Salzburger Festspielen.

Der ORF wird als Gesellschaft konstituiert

Nach zähen Verhandlungen einigen sich Bund und Länder auf einen Rundfunk, der nationale, aber auch regionale Programme ausstrahlen soll. Im Jahr 1957 wird der ORF als Gesellschaft konstituiert. Die Hoheit über Radio und Fernsehen hat die Bundesregierung. Im Rundfunk herrschen der Proporz und Konsensjournalismus. Die Bundeslandsender haben noch keine eigenständige und föderale Position. Bis zu 60 Prozent der Inhalte werden von Wien vorgegeben.

Rundfunkvolksbegehren und Rundfunkreform

Nach dem Rundfunkvolksbegehren von 1964 und der Rundfunkreform von 1967 beginnt der erste Generalintendant des ORF, Gerd Bacher, mit tiefgreifenden Reformen. Die Bundeslandstudios werden durch das neue Gesetz rechtlich institutionalisiert. Der Föderalismus des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wie wir in heute kennen, wird dadurch begründet.

Die Radiosender Ö1 und Ö3 werden gegründet. Die Bundeslandradios werden unter der Gemeinschaftsmarke Österreich 2, kurz Ö2, zusammengefasst. Inhaltlich werden die Sender neu und passend zur jeweiligen Region konzipiert. Das Fernsehen bleibt aufgrund der technischen Komplexität weiterhin von Wien aus organisiert. Vermehrt werden aber Sendungsgefäße eingeführt, die von den Bundesländern befüllt und immer wichtiger werden. Daraus resultieren beispielsweise die "Bundesland heute“-Programmfenster ab dem Jahr 1988.

Bundesländer erhalten eigene Landesstudios

Bacher leitet ebenso eine Baureform ein. Schon länger von der Politik versprochen, sollen die Bundesländer eigene Landesstudios erhalten. Finanziert werden die Vorhaben durch ein Vier-Milliarden-Investitionsprogramm. Zusätzlich wird trotz Widerstands die Rundfunkgebühr drastisch erhöht. Den ausgeschriebenen Architekturwettbewerb gewinnt der junge Gustav Peichl. Sein Konzept stellt die Funktionalität des Gebäudes in den Mittelpunkt, technisch auf dem neuesten Stand der Zeit. Um einen Zentralraum werden je nach Wichtigkeit und Funktion die verschiedenen Bereiche in Kreissegmenten angeordnet. Daraus entsteht eine runde Gesamtform.

Fast alle weiteren bis in die 1990er Jahre neu gebauten ORF-Landesstudios werden nach dem Konzept von Peichl errichtet. Für die damalige Zeit wirkt der Bau nach außen hin recht futuristisch und findet in der Bevölkerung nicht immer Zuspruch. Der Volksmund prägt schließlich den Begriff "Peichl-Torte“. Er avanciert zum Markennamen.

Gestaltung: Michael Liensberger