
THERESA WEY
Wiener Kultursommer
Dichtes Programm beim Kultursommer Wien 2022
Aus der Corona-Not heraus im Sommer 2020 ins Leben gerufen, ist der Wiener Kultursommer heuer nun bereits zum dritten Mal in vollem Gange. Eröffnet wurde er am 1. Juli, bis zum 14. August stehen noch jede Menge Konzerte, Lesungen, Theatervorstellungen und anderes auf dem Programm. Ein künstlerisches Board aus diversen Sparten hat es zusammengestellt und aus über 2000 Bewerbungen auf den Open Call ausgewählt. Rund 20 Programmpunkte warten täglich an den Spieltagen von Donnerstag bis Sonntag bei freiem Eintritt auf das Publikum, die Bühnen sind in der ganzen Stadt verteilt.
22. August 2022, 02:00
Mit dem hartnäckigen Ruf, dass klassische Musik nur für ein elitäres Publikum geeignet sei, ist die junge Pianistin Mitra Kotte durchaus vertraut - und möchte das ändern, deswegen schätzt sie den zwanglosen Rahmen beim Kultursommer. Man könne den ganzen Tag über entspannt an der Alten Donau verbringen und sich anschließend beim klassischen Konzert „outdoor berieseln lassen“, so die Musikerin, die damit einen wichtigen Aspekt des Wiener Kultursommers auf den Punkt bringt.
Beethoven in legerer Atmosphäre
In ihrem Fall kann man sich am Ufer des Asperner Sees im 22. Bezirk unter anderem von Beethoven berieseln lassen, auf dem eigens dafür angelieferten Klavier. Das de-zentrale Kulturangebot hat man sich bei dem Festival auf die Fahnen geheftet, versteht sich als kultureller Nahversorger, so Caro Madl aus dem Team der Festivalleitung. Man wolle immer weiter rausgehen, Kultur zu den Menschen bringen, abseits der innerstädtischen Kulturstätten und Festivals, wo das Angebot ohnehin sehr reichhaltig sei.
Dieses Jahr sind neue Standorte in drei Bezirken dazugekommen. Und so wird beispielsweise Klassik von den "Erlkings" in Favoriten geboten oder ein feministisches und konsumkritisches Stück des Kollektivs "Planetenpartyprinzip" in der Brigittenau gezeigt - eine zunächst vielleicht ungewöhnliche Paarung, die aber aufgeht, so Madl. Das würde auch eines der jüngsten Beispiele zeigen - die neue Spielstätte, der Mortarapark im 20. Bezirk, würde ein bunt gemischtes Publikum anziehen, das das Programm mit Neugier und Offenheit verfolgt und annimmt. Da gäbe es oft weniger Skepsis als bei „typischen Theatergehern“, so Madl.
Lyrik auf Serbisch und Wienerisch
Daneben würde die Kulturvermittlung zunehmend eine größere Rolle im Festivalgeschehen spielen. Neben einem Kinderprogramm, Community Tanzabenden oder Workshops hofft Caro Madl in der kommenden Saison auf noch mehr Austausch beim Kultursommer. In diesem Jahr musste man Corona-bedingt noch vorsichtiger planen, zukünftig seien aber auch partizipative Formate und eine performative Einbindung des Publikums angedacht. Dazu kommen bereits heuer Veranstaltungen, die ohne Sprache funktionieren und gezielt Menschen ohne Deutschkenntnisse einbinden sollen.
Oder es wird überhaupt auf Mehrsprachigkeit gesetzt, wie bei der vielstimmigen Lesung junger Autorinnen im Kongresspark in Ottakring. Unter anderem wird dort die serbische Dichterin Radmila Petrović aus ihrem Band "Meine Mama weiß, was in den Städten los ist" vorlesen. Lyrik mit Musik verbinden unterdessen Alexander Hoffelner und Christian Tesak. Unter dem Titel "Wos dandn dedo" interpretiert das Duo eigene und fremde Texte, mit Fokus auf Wienerlied, so Hoffelner. Auf der Schrammelharmonika und der Gitarre spielen sie zu Mundarttexten, eigenen Arbeiten oder auch humoristischen Texten von Daniel Glattauer.
Auf der Theaterbühne mit Stigmen brechen
Ganz anders dürfte der Solo-Theaterabend im Karl-Marx-Hof werden, wenn das Stück "Der Planet Trillaphon im Verhältnis zur üblen Sache" von David Foster Wallace gezeigt wird. Der Schauspieler Nils Hohenhövel mimt darin den jungen, schwer depressiven Protagonisten, der darin über seine Erfahrung mit der Krankheit und Antidepressiva berichtet.
Dieses Thema unter die Leute zu bringen und damit zur Enttabuisierung beizutragen, sei Teil der Motivation hinter der Produktion gewesen, so der Schauspieler. Damit sei der Kultursommer auch die richtige Umgebung für das Stück. Um möglichst viele Menschen zu erreichen ist die Produktion aus Münster deshalb auch noch an einem zweiten Spielort, dem Ottakringer Kongresspark, zu sehen.
Gestaltung: Julia Sahlender