Teodor Currentzis

ANTON ZAVYALOV

Salzburger Festspiele

Currentzis eröffnet Ouverture Spirituelle

Schostakowitschs 13. Sinfonie mit dem Gustav Mahler Jugendorchester stand am Beginn der Konzertreihe, die jedes Jahr auf die Salzburger Festspiele einstimmt. Dirigent Teodor Currentzis spielt bei den Festspielen, ungeachtet der Kritik an seiner fehlenden Haltung zum Ukrainekrieg, wieder eine zentrale Rolle. Dienstag Abend zeigte sich: Auch das Publikum hält zu ihm.

Ende 1962, in der Spätphase der sogenannten Tauwetter-Periode des sowjetischen Machthabers Nikita Chruschtschow, vollendete Dmitri Schostakowitsch seine 13. Sinfonie unter dem Titel "Babi Jar". In diesem Werk vertonte er das gleichnamige Gedicht von Jewgeni Jewtuschenko über eines der größten Massaker des Nazi-Regimes: die Ermordung von 33.000 jüdischen Männern, Frauen und Kindern in der Schlucht Babi Jar bei Kiew.

Ein Musikwerk über einen Genozid in der Ukraine

Mit "Babi Jar" prangerte Jewtuschenko vor allem die Geschichtsvergessenheit und den Antisemitismus des Sowjet-Systems an. Mit seinem Gedicht wurde er zum internationalen Star und als Vertreter einer jungen Generation weltoffener, kritischer Russen gefeiert. Schostakowitsch verarbeitete den Text in einer Sinfonie für Orchester, Bass-Sänger und Männerchor und geriet ins Visier der Zensurbehörden - landete aber letztlich einen großen Triumph. Ein Musikwerk über einen Genozid in der Ukraine - im Jahr 2022 wirkt das wie ein politische Statement. Und als ein solches nonverbales Statement von Teodor Currentzis könnte man diesen Konzertabend auch sehen, wäre das Programm nicht schon lange im Voraus festgestanden.

Keine Proteste gegen Teodor Currentzis

Dass Currentzis zum Ukrainekrieg bisher geschwiegen hat, und dass sein Ensemble musicAeterna (gestern Abend vertreten durch den Chor) von der russischen Großbank VTB finanziert wird, hat dem Dirigenten Kritik eingebracht. Doch Störaktionen oder auch nur leisen Protest vor der Tür, wie etwa im Frühling bei seinem Gastspiel im Wiener Konzerthaus, gab es gestern in Salzburg nicht. Dafür ein gebanntes Publikum, das im vollbesetzten Großen Festspielhaus eine meisterhafte Aufführung mitverfolgte. Perfekt aufeinander abgestimmt, erzeugten Currentzis und das Gustav Mahler Jugendorchester in jedem Moment große Spannung und klangliche Dichte.

Deutlich wurde jedenfalls: An Teodor Currentzis hält nicht nur die Festspiel-Leitung fest, sondern auch das Publikum.

Ein begeistertes Publikum

Die Standing Ovations am Ende galten aber nicht nur dem Dirigenten, sondern auch den exzellenten jungen Orchestermusikerinnen und Musikern aus ganz Europa. Mit dem Gustav Mahler Jugendorchester bestreitet Currentzis heute in einer Woche die erste Opernpremiere des Festspielsommers, Herzog Blaubarts Burg von Béla Bartok und Carl Orffs Endzeit-Mysterienspiel "De temporum fine comoedia" unter der Regie von Romeo Castellucci. Zuvor aber steht die Konzertreihe Ouverture Spirituelle am Programm, die mit dem gestrigen Konzert ihren Auftakt erlebte: Das Klangforum Wien, The Tallis Scholars und zahlreiche weitere Ensembles spielen unter dem Titel "Sacrificium", also "Opfer", Werke vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart.

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