Michelangelos Pieta im Vatikan

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Dimensionen

Michelangelo - Maler, Baumeister, Bildhauer und Dichter

Michelangelo gilt als Universalkünstler der Renaissance, der durch seine Vielseitigkeit zu einem Mythos wurde. Der Schöpfer der Monumentalfresken der Sixtinischen Kapelle, von Statuen wie dem David oder der Pietà und der Architekt der Kuppel des Petersdoms erlangte bereits zu Lebzeiten den Status eines Künstlers, der von einer „himmlischen Schöpferkraft“ geleitet wurde.

Rainer Maria Rilke sah ihn als Giganten, der sich in seiner künstlerischen Tätigkeit der Zwangsjacke normativer Ansprüche entledigt hatte. Diesem Giganten der Kunstgeschichte hat der an der Humboldt-Universität in Berlin lehrende Kunsthistoriker Horst Bredekamp eine Monumentalstudie gewidmet, die bereits als Standardwerk bezeichnet wird.

In dem bei Wagenbach publizierten Prachtband beschreibt Bredekamp detailliert dessen leidenschaftliches Schaffen und Leben. Die Gesamtsicht des Kunsthistorikers bildet die Grundlage der vorliegenden Sendung, in der wesentliche Facetten der künstlerischen Produktion Michelangelos präsentiert werden.

„Mein Feuer brennt noch in der Eiseskälte.“

Michelangelo Buonarroti wurde am 6. März 1475 als Sohn einer dem niedrigen Adel entstammenden Familie geboren. Im Alter von 13 Jahren kam er als Lehrling in die Werkstatt des renommierten Malers Domenico Ghirlandaio in Florenz und wechselte in die von Lorenzo de’ Medici gegründete Kunstschule, um eine Lehre als Bildhauer zu absolvieren.

Politische Wirren und Unruhen veranlassten ihn, Florenz zu verlassen. Er zog nach Rom, wo die Skulpturen Trunkener Bacchus und die Pietà entstanden. 1501 kehrte Michelangelo nach Florenz zurück und arbeitete circa drei Jahre an der Statue David, die er aus einem einzigen Marmorblock anfertigte. Laut dem italienischen Kunsthistoriker Antonio Paolucci ist sie das „perfekte Symbol heterosexueller Männlichkeit“, das etwa auch den Pop-Art-Künstler Andy Warhol inspirierte.

Nach einem Zwischenspiel in Florenz begann Michelangelo 1508 mit der Arbeit an der Ausmalung der Decke der Sixtinischen Kapelle, die bis 1513 dauerte. Das zentrale Thema war die Darstellung der Schöpfungsgeschichte, die bis zur Sintflut reicht; der Künstler deutete sie als den Prozess einer zunehmenden Dekadenz. Der Mensch wird sündenfrei von Gott geschaffen, begeht dann den Sündenfall, wird aus dem Paradies vertrieben und führt ein sündiges Leben. Als Bestrafung schickt Gott die Sintflut. Danach tritt keine moralische Läuterung ein; für Bredekamp zeigt sich, dass sich das Böse weiter im Zweikampf mit dem Guten befindet und „damit ein Motiv der Unversöhnlichkeit in diese große Deckenmalerei bringt“. Deswegen sieht er diese Fresken „nicht als eine Erlösungsgeschichte, sondern als eine tragische Geschichte, die mit zum Ergreifendsten gehört, was jemals gemalt worden ist“.