Ausschnitt Buchcover

C. H. BECK

Mit Debüt zum Shooting-Star

"Salomés Zorn"

In den Niederlanden hat Simone Atangana Bekono mit ihrem Romandebüt "Confrontations" 2020 zahlreiche Preise gewonnen, jetzt ist das Buch in der Übersetzung von Ira Wilhelm und unter dem Titel "Salomés Zorn" auf Deutsch erschienen. Die Protagonistin Salomé hat, genau wie Bekono, einen Vater aus Kamerun und eine niederländische Mutter, anders als die Schriftstellerin ist sie nach einer Gewalttat in der Jugendstrafanstalt gelandet.

In einem Raum, der aussieht wie ein "Badezimmer in einem Horrorfilm" wird die junge Salomé untersucht, dann bekommt sie eine Plastikkarte ausgehändigt und darf ihr Zimmer beziehen, in dem es "nach Turnsaal riecht".

Tag eins in der Jugendstrafanstalt, die man als Leser hautnah miterlebt. "Ich habe das Buch in der ersten Person geschrieben", erzählt Simone Atangana Bekono. "Der Leser befindet sich deshalb die ganze Zeit über im Kopf von Salomé, die aber nicht wirklich vertrauenswürdig ist."

Wer man sein will

Was Salomé getan hat, warum sie in der Jugendstrafanstalt gelandet ist, das erfährt man erst nach und nach. Was man gleich mitbekommt, ist, dass die junge Frau einerseits die Highschool absolviert hat und sehr belesen ist, andererseits aber ein massives Problem damit hat, ihre Emotionen unter Kontrolle zu halten.

In Rückblenden wird nachvollziehbar, woher die Aggressionen kommen: Aufgewachsen in einer niederländischen Kleinstadt, war sie immer das einzige schwarze Kind in der Klasse, und häufig dem Rassismus ihrer Mitschüler ausgesetzt. "Salomés Handlungen sind zwar nachvollziehbar, sie ist einem deshalb aber trotzdem nicht unbedingt sympathisch", so Bekono. "Ich mag solche Figuren, weil sie uns darüber nachdenken lassen, wer wir sein möchten."

Mit den Helden in Haft

Wer sie einmal werden wollte, das wusste Salomé ganz genau - bis es zu der von ihr verübten Gewalttat kam. Seither ist sie eine andere, der Weg zurück in ihr früheres Leben ist verstellt.

Erstaunlicherweise findet sie ausgerechnet in den Helden der griechischen Mythologie Gleichgesinnte. "Die sind mit ihren zornigen Leidenschaften auch nicht normal", schmunzelt Bekono. "Da sieht Salomé Parallelen zu sich, weil sie sich auch missverstanden fühlt und viel mehr Kraft besitzt als ihre Umwelt annimmt."

Buchumschlag

C. H. BECK

Lachen oder weinen

Simone Atangana Bekono verpasst ihrer Ich-Erzählerin eine scharfe Wahrnehmung und eine knappe, aber genaue Sprache. Situationen erfasst Salomé genau und in Sekundenbruchteilen. Aber wenn es darum geht, wer die junge Frau sein könnte, die sie in der Strafanstalt jeden Morgen im Spiegel sieht, wird ihre Sprache tastend und franst aus.

Nicht selten rettet sie sich dann in einen tiefschwarzen Humor. "An vielen Stellen soll man nicht wissen, ob man jetzt lachen oder heulen soll", so Bekono. "Der Leser darf aber gerne lachen, wenn ihm danach ist."

Zwischen Lyrik und Leinwand

Simone Atangana Bekono kommt von der Lyrik, nicht selten hat man beim Lesen das Gefühl, der Text ließe sich auch rappen, so sehr geht der Rhythmus der Sätze ins Ohr. Mit dem Rap gemeinsam hat der Roman "Salomés Zorn" auch die wütende Dringlichkeit.

Die atmosphärischen Beschreibungen der Orte sind wiederum Bekonos zweiter Leidenschaft, dem Kino geschuldet. "Wahrscheinlich ist, was ich schreibe, ein Mittelding zwischen einem Gedicht und einem Filmdrehbuch", sagte sie vor kurzem in einem Interview.

Service

Simone Atangana Bekono, "Salomés Zorn", Roman, aus dem Niederländischen von Ira Wilhelm, C.H. Beck. Originaltitel: "Confrontations"

Gestaltung

  • Wolfgang Popp

Übersicht