Südalbanien

Südalbanien

Die Luft in den südalbanischen Tälern erinnert fern an das Meer, das hinter den hohen Gebirgsketten liegt. Aber die großen Touristenmassen haben noch nicht den Weg von der eng bebauten Ionischen Riviera hinüber angetreten. Wer den - mittlerweile zu Unrecht - übel beleumundeten albanischen Straßen ins Hinterland folgt, findet sich zwischen bunten Bienenstöcken und schwer duftenden Feigenbäumen vor osmanischen Brücken und in ruhigen, jahrhundertealten Steindörfern wieder - und irgendwann macht die Straße eine Biegung, das Panorama öffnet sich und vor einem liegt sie in ihrem Bett, die "Königin der Flüsse" - die Vjosa.

Um den letzten wilden Strom Europas ist in den vergangenen Jahren ein offener Kampf ausgebrochen - auf der einen Seite Naturschützerinnen und Anrainer, auf der anderen die von der Regierung hofierten Wasserkraft-Unternehmen. Der Sommer 2022 brachte einen Etappensieg für erstere: Die Regierung von Premier Edi Rama unterzeichnete eine Erklärung, die Vjosa mitsamt aller Nebenäste in den ersten Wildfluss-Nationalpark Europas zu verwandeln.

Auf der Reise quer durch Südalbanien wirbelt der Fluss durch enge Canyons und mäandert träge durch breite Becken, gräbt sich immer wieder neue Wege und mündet schließlich in die Adria. Wer ihn auf dem Weg - mal mehr, mal weniger nahe - begleitet, trifft auf Bauern, die beinahe ein zweites Mal in ihrem Leben enteignet worden wären, auf Rückkehrer, die an die Möglichkeit eines sanften Tourismus glauben, auf Bunker aus der Hoxha-Diktatur, auf die Festungen des Despoten Ali Pascha, auf frisch herausgeputzte, UNESCO-geschützte Städte und die Reste jener verfallenen antiken Siedlung, die vor vielen hundert Jahren verlassen wurde, als die Vjosa ihren Lauf änderte.

Ö1 Ambiente Sendung vom 26. März 2023
Gestaltung: Antonia Löffler, Redaktion: Ursula Burkert