Peter Weibel

APA/GEORG HOCHMUTH

1944-2023

Medienvordenker Peter Weibel ist tot

Der österreichische Medienkünstler, Theoretiker, Kurator und langjährige Chef des Karlsruher Zentrums für Kunst und Medien (ZKM) im deutschen Karlsruhe, Peter Weibel, ist tot. Das wurde heute aus Weibels Umfeld öffentlich.

Am Sonntag wäre Peter Weibel 79 Jahre alt geworden. Der im ukrainischen Odessa geborene Österreicher war ein bedeutender Performance- und Videokünstler.

Ausgehend von semiotischen und linguistischen Überlegungen entwickelte Weibel eine künstlerische Sprache, die ihn ab 1965 von der experimentellen Literatur zur Performance führte. Die Aktionen um das „erweiterte Kino“, inspiriert vom Expanded Cinema der USA, machten ihn ebenso über die Grenzen Österreichs bekannt wie die Kunstaktionen mit Valie Export im Rahmen des Wiener Aktionismus.

Peter Weibel

Ö1 Archiv

Positionen in der Kunst - Peter Weibel

1978 wendet sich Weibel der Musik zu. Er gründet zusammen mit Loys Egg die Band Hotel Morphila Orchester. Anfang der 1990er Jahre realisiert er erste interaktive computerbasierte Installationen, mit denen er wiederum das Verhältnis von Medien und Wirklichkeitskonstruktion thematisiert. In den letzten Jahren beschäftigt er sich in seinen Arbeiten verstärkt mit politischen und wirtschaftspolitischen Themen, jedoch immer mit allergrößter Leidenschaft der Verbindung von Wissenschaft und Kunst.

Peter Weibels besonderes Interesse galt der Idee einer synergetischen Verbindung von Wissenschaft und Kunst, ein künstlerisch-wissenschaftliches Multiversum, das er in seiner letzten Ausstellung Renaissance 3.0. Ein Basislager für neue Allianzen von Kunst und Wissenschaft im 21. Jahrhundert., die er für das Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe vorbereitete, noch einmal ausbreiten wollte und auf deren Eröffnung am 25.3.2023 er sich sehr freute.

Führender Medienvordenker in Europa

Im Laufe seines Lebens hatte Weibel unter anderem in Wien, Kanada und New York gelehrt. Von 1989 bis 1994 leitete er das von ihm gegründete Institut für Neue Medien an der Städelschule Frankfurt am Main, war von 1993 bis 1999 Österreich-Kommissär der Biennale von Venedig und künstlerischer Leiter der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum in Graz. Für seine Arbeit wurde er vielfach ausgezeichnet.

Seit 1999 - fast ein Vierteljahrhundert - leitete er das ZKM und verhalf dem Haus zu internationalem Renommee und zu einer Drehscheibe digitaler Kunst. In wenigen Wochen, Ende März, hätte die Ära enden sollen. Erst vor kurzem hatte er sich noch aus diesem Anlass in seinem mit Papierbergen, Büchern, Tüten, Kartons, Fotos und Wechselschuhen besetzen Büro ablichten lassen. "Das ZKM war ein Raumschiff mit unglaublicher Flughöhe", sagte er mit etwas Wehmut. Die Nachfolge als ZKM-Vorstand tritt am 1. April Alistair Hudson an.

"Meine Haupteigenschaft ist die Geschwindigkeit", hatte Weibel einmal gesagt. Und genau so sprach er auch: In halsbrecherischem Tempo ratterte er seine Ansichten zu Kunst und Welt herunter - dabei immer freundlich, präzise, voller Ideen und auf dem neuesten Stand. Weibel wurde über die Jahre zum führenden Medienvordenker in Europa, lange bevor das Internet zur Alltagsanwendung wurde. Weibels Medienbegriff war stets ein erweiterter.

Text:apa/red.

Service

Peter Weibel
ZKM