Ast mit grünen Blättern

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Radiokolleg

Der Öko-Ablasshandel

Von Co2-Zertifikaten, Climate-Bonds und Green Washing.

Die sogenannte grüne Wende muss vor allem auch die Wirtschaft miteinschließen. Als größte Verursacher von Treibhausgasemissionen gelten die Bereiche Energie und Industrie, der Verkehr, Gebäude und die Landwirtschaft. Laut Umweltbundesamt haben allein die Sektoren Energie und Industrie im Jahr 2021 zusammen 34,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent emittiert.

Weil das Thema hochkomplex ist, wittern im Windschatten auch diverse Interessensgruppen einen Gewinn. Nicht überall, wo „grün“ draufsteht, muss auch wirklich grün drin sein. Welche Instrumente können zu einer nachhaltigen Wirtschaft beitragen - und welche den Umstieg mitunter sogar schädigen?

Emissionshandel in der EU

Seit 2005 existiert in der EU ein Emissionshandel. Das Ziel: die 27 Mitgliedsländer sollen bis 2050 klimaneutral wirtschaften. Doch was bedeutet „klimaneutral“? Hier beginnt es bereits kompliziert zu werden.

Grob zusammengefasst funktioniert das System folgendermaßen: Die EU bestimmt eine gewisse Menge an CO2-Tonnen, die innerhalb eines Zeitraums ausgestoßen werden darf und vergibt dafür Emissionsrechte. Diese können dann beispielsweise von Produktionsstätten und Unternehmen gehandelt werden. Je nachdem, wie viele solcher Zertifikate man (noch) besitzt, darf Treibhausgas ausgestoßen werden.

Gleichzeitig können Betriebe, die einen klimafreundlichen Umstieg forcieren, auch Zertifikate anbieten. So soll emissionsintensives Wirtschaften teurer und Investments in sogenannte saubere Technologien attraktiver werden. Es ist ein Markt: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. In Österreich zahlte man im Juni 2022 für ein CO2-Zertifikat circa 82 Euro - vor einem Jahr waren es noch 56 Euro. Natürlich beeinflusst das auch die Preise für diverse Produkte und Dienstleistungen.

Zustimmung und Kritik

Es gibt Zustimmung, aber auch Kritik an dem System. Mehrere Umweltökonom:innen begrüßen den Emissionshandel als wichtigen Schritt auf dem Weg in ein klimafreundlicheres Wirtschaftssystem. Andere wieder identifizieren viele Lücken, etwa eine intransparente Vergabe aber auch eine zu laxe Ausgabe von Zertifikaten. Andere wiederum monieren, Europa sei bei weitem nicht der größte Treibhausgas-Emittent und es bestünde die Gefahr sich globalwirtschaftlich aus dem Rennen zu schießen. Doch der Zertifikate-Handel ist nur ein Instrument unter vielen.

Green Bonds

„Wer Geld in Green Bonds investiert, schont damit die Umwelt und rettet das Klima.“ Mit derlei Sprüchen umwerben Finanzinstitutionen, Banken und Börsen auf sämtlichen Plattformen potenzielle Anleger:innen. Das Versprechen: Wenn man sein Geld in Green Bonds - auch Climate Bonds - genannt
- investiert, fördert man dadurch nachhaltige Projekte und hat seine Finanzen in einen zukunftsträchtigen Bereich gesteckt. Das kann durchaus sinnvoll und auch im Sinne des Klimaschutzes sein. Entscheidend dabei: Wie wird es umgesetzt, wie nachhaltig ist es tatsächlich und wie wird es kontrolliert?

Was ist "grün"?

Auf diversen Klimakonferenzen setzen sich Fachleute für eine Klimaneutralität im Sinne eines nachhaltigen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems ein. Weltweit interpretieren Staaten und Unternehmen dieses Ziel und dessen Umsetzung dann allerdings unterschiedlich.

Noch schwammiger wird es bei dem Begriff „grün“. Hier geht die, nennen wir es mal: „kreative Auslegung“ so weit, dass sich ein eigenes Wort für die missbräuchliche Verwendung herausgebildet hat: Green-Washing. Damit wird ein an und für sich hehres Ziel - nämlich eine nachhaltigere Gesellschaft - beschädigt.