Bunte Gebäude und Menschen auf einer Strasse.

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Politisch! Poetisch! Pointiert!

Jenny Holzer in der Kunstsammlung NRW

Mit Sprüchen und Binsenweisheiten, mit geborgten Slogans und politischen Glaubenssätzen sorgt sie seit den 1970er Jahren für Irritationen im öffentlichen Raum. Ihre Texte präsentiert die US-amerikanische Künstlerin Jenny Holzer von jeher in einer Vielzahl von Medien und an unterschiedlichen Orten: Auf T-Shirts, auf Mützen, auf Postern, auf LED-Leuchtschriften, auf Sitzbänken - am Time Square und im New Yorker Central Park. Wer sich davon überzeugen möchte, ob Holzers wortreiche Kunst auch im Museum funktioniert, kann sich dieser Tage in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf umschauen.

"Protect me from what I want". - Wir schreiben das Jahr 1985. Auf einem riesigen Werbescreen am New Yorker Times Square, weltberühmt für seine Billboards und Leuchtreklamen, erscheint ein Spruch, der sich deutlich von handelsüblichen Werbetexten unterscheidet. Wer will hier von seinen Wünschen beschützt werden? Und von wem?

Die US-amerikanische Künstlerin Jenny Holzer - spätestens seit den 1980er Jahren ein Liebling der internationalen Kunstszene - hat gezeigt, dass Konzeptkunst nicht immer spröde sein muss. Holzer macht ein großes Fass auf, spricht von den Deformationen eines entfremdeten Bewusstseins, das dem Fetisch Ware hinterhergiert, von einer Ökonomie des Begehrens, die Leben, Kunst und Stadtraum dominiert. Sechs Wörter, die in den urbanen Raum ausstrahlen, mehr braucht Jenny Holzer nicht, um alles zu sagen: "Protect me from what I want".

JENNY HOLZER/ARS/ACHIM KUKULIES

Protect me from what I want

"Der Text, das geschriebene Wort, die Sprache sind das Medium Jenny Holzers. Es ist ein überaus wandelbares Medium, das von einer Präsentationsform in die nächste migrieren kann", sagt Kuratorin Vivien Trommer. Sie hat mit der heute 72-jährigen Jenny Holzer - man darf sie ohne Übertreibung eine Legende der Kunstwelt nennen - eng zusammengearbeitet, um die aktuelle Ausstellung in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen zu realisieren.

Kein leichtes Unterfangen, denn was im öffentlichen Raum als paradoxe Intervention Sprengkraft entfaltet, kann im Museum schnell plakativ wirken. Der Kontext macht die Kunst.

NANDA LANFRANCO

Der Kontext macht die Kunst

In den 1970er Jahren entdeckt Jenny Holzer den Text als künstlerisches Material, druckt geschriebene Botschaften auf anonyme Straßenposter, plakatiert Textlandschaften im öffentlichen Raum und zitiert - man möchte sagen in schöner postmoderner Manier - alles, was gut und teuer ist: Von Marx bis Susan Sontag.

Kalendersprüche aller Länder vereinigt euch! Politisch! Poetisch! Pointiert! "Ich war in meinen 20ern und war dabei eine eigene politische Haltung zu entwickeln", so Jenny Holzer. "Ich fragte mich, wie Verantwortungsträger Entscheidungen treffen, wenn es so viele divergierende Meinungen gibt. Was kann man also tun, um die Leute dazu zu bringen, zu kooperieren, statt Krieg zu führen?" Erinnert sich Jenny Holzer über ihr Frühwerk.

Wer die aktuelle Jenny-Holzer-Schau in der Kunstsammlung Nordrheinwestfalen betritt, wird von einer wahren Textlawine erschlagen, den gesamten Ausstellungsraum hat Holzer mit Plakaten austapeziert. Der Überraschungseffekt, den ihre Textinterventionen im öffentlichen Raum entfalten, fällt hier zwangläufig weg. Die Antwort darauf lautet Reizüberflutung. Das wirkt auf den ersten Blick poppig, führt aber schnell zu Erschöpfungserscheinungen. "Ich hasse es zu schreiben", soll Jenny Holzer einst gesagt haben. Eine kecke Behauptung, die die aktuelle Ausstellung in der Kunstsammlung NRW wortgewaltig widerlegt.

Service

Die Ausstellung in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen ist bis zum 6. August 2023 zu sehen.

Gestaltung