Grace Bumbry

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1937-2023

Grace Bumbry ist tot

Sie gehörte zu den legendären Opernsängerinnen des 20. Jahrhunderts. Nun ist die große Grace Bumbry am Sonntag im Alter von 86 Jahren in ihrer Wahlheimat Wien verstorben. Den internationalen Durchbruch feierte sie 1961 als "schwarze Venus" in Bayreuth.

Geboren wurde Bumbry in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri. Ihre Mutter war Lehrerin, ihr Vater Frachtgutmanager. Musik spielte im Elternhaus eine große Rolle. Ihre beiden Brüder und sie waren im Kirchenchor. Ein Chorleiter ermunterte sie, ihre Stimme zu schulen. Bumbry gewann den Gesangswettbewerb eines örtlichen Radiosenders. Stipendien ermöglichten ihr eine erstklassige Ausbildung als Sängerin.

Christmas in Vienna 2007: Juan Diego Florez und Grace Bumbry

Christmas in Vienna 2007: Juan Diego Florez und Grace Bumbry

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Liebe zu Wien

Entdeckt wurde sie von Lotte Lehmann, deren Schülerin sie schließlich wurde, und bei der sie bis 1959 Interpretation studierte. "Lotte Lehmann hat mir so viel von Wien erzählt, dass ich mich in diese Stadt verliebt habe. Als ich als Studentin in Wien war, besuchte ich natürlich die Staatsoper, sah 'Don Carlo' mit der Simionato und war tief beeindruckt. Auf dieser Bühne möchte ich auch einmal stehen und die Eboli singen, dachte ich. Aber ich hatte damals nicht zu träumen gewagt, dass dies nur wenige Jahre später der Fall sein sollte", erinnerte sich Bumbry.

1959 gab Bumbry in London ihr erstes Konzert in Europa. Ihr Operndebüt als Amneris in Verdis "Aida" 1960 in Paris war umjubelt. "Das war meine zweite Oper, die ich gesehen habe. In St. Louis, wo ich herkomme, gab es keine Oper. So habe ich meine erste Oper - und zwar 'Samson und Dalila' - erst im Alter von 20 Jahren gesehen", so die Sängerin.

1961 Bayreuth

Ihre große internationale Karriere startete die US-Amerikanerin allerdings 1961 in Bayreuth, als sie als erste schwarze Sängerin in Bayreuth debütierte.

Die "Tannhäuser"-Premiere wurde umjubelt und Bumbry mit dem heute etwas zwiespältig klingenden Titel der "schwarzen Venus" von den Medien bedacht. Die vor der Bayreuth-Premiere aufflammende Kritik ob ihrer Hautfarbe schob Bumbry damals beiseite. "Ich habe mir einen Schutzmantel übergezogen", meinte sie später. Nicht zuletzt wurde die Afroamerikanerin damit aber auch zur Vorreiterin für zahlreiche Berufskolleginnen, die ihr in der Opernwelt nachfolgen sollten.

Salzburger Festspiele 1966: Beifall für Karajans "Carmen" mit Herbert von Karajan, Jon Vickers, Grace Bumbry und Justino Diaz.

Beifall für Karajans "Carmen" bei den Salzburger Festspielen, 1966: Herbert von Karajan, Jon Vickers, Grace Bumbry und Justino Diaz.

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Zwist mit Karajan

In den 60ern eroberte Bumbry folgend praktisch alle großen Opernbühnen der Welt - von der Londoner Royal Opera bis zur Scala in Mailand, von der New Yorker Met bis zur Wiener Staatsoper, wo sie 1964 erstmals zu hören war und 50 Mal in verschiedenen Partien ihr Publikum begeisterte. Und nicht zuletzt war Grace den Salzburger Festspielen eng verbunden. Hier sang Grace Bumbry mit der Carmen unter Karajan ihre zweite wichtige Mezzo-Rolle.

"Meine Beziehung zu Karajan war nicht ganz reibungslos. Wir haben über Tempi gestritten. Er wollte 'Carmen' etwas langsamer dirigieren und ich wollte es schneller haben. Aber er hat letztlich doch gewonnen. Wenn ich mir heute das 'Carmen'-Video ansehe, muss ich feststellen, dass er doch recht hatte. Der Bruch mit Karajan erfolgte, als er wollte, dass ich die Donna Anna im 'Giovanni' singe. Ich habe diese Partie aber nicht angenommen, denn man kann Verdi-Koloraturen nicht mit Mozart-Koloraturen vergleichen", erinnerte sich Bumbry.

Grace Bumbry

Grace Bumbry, 1982

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Wechsel in Sopranfach

Nachdem Bumbry die im Mezzofach angesiedelte Hauptrolle in Bizets "Carmen" oft gesungen hatte, machten sich allerdings Stimmprobleme bemerkbar. Und Bumbry gelang auf Anraten der Ärzte das seltene Kunststück, das Stimmfach zu wechseln und sich in der höheren Lage weiterhin einen Namen zu machen. Anstelle der Amneris in "Aida" oder der Lady Macbeth in "Macbeth" sang Bumbry fortan die Salome oder die Jenufa.

Als sich Bumbry schließlich im bereits reifen Alter von der Opernbühne zurückzog, nachdem sie noch 2013 als Gräfin in Tschaikowskys "Pique Dame" an der Staatsoper zu hören gewesen war, gab sie ihr Wissen an die jüngere Generation weiter. Zu ihrer eigenen Studienzeit habe man sich noch mehr dafür interessiert, wie die Stimme eigentlich funktioniere. "Die heutigen Sänger wollen jemanden finden, den sie kopieren können", meinte sie einst kritisch im dpa-Interview.

Grace Bumbry mit Barack Obama

Dave Brubeck, Grace Bumbry und Barack Obama, 2009.

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Zahlreiche Auszeichnungen

Dieses unbedingte Können und Engagement ist nicht nur auf zahlreichen Einspielungen dokumentiert. Auch wurden Grace Bumbry im Laufe ihres Lebens zahlreiche Auszeichnungen zuteil. In Italien wurde ihr der renommierte Premio Giuseppe Verdi verliehen, während Frankreich sie 1996 zum Commandeur des Ordens des Arts et des Lettres machte. 2009 verlieh ihr der damalige US-Präsident Barack Obama den Preis des Kennedy Centers in Washington D.C. für ihr Lebenswerk, und 2017 konnte sich die Sängerin über die Lebenswerkehrung im Rahmen des Österreichischen Musiktheaterpreises freuen.

Text: APA/Red.