György Ligeti

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Zum 100. Geburtstag von György Ligeti

Am 28. Mai 1923 geboren, verstarb der österreichische Komponist 2006 als eine der prägendsten Gestalten der zeitgenössischen Musik - Ö1 würdigt das Jubiläum.

2006 machte die Nachricht die Klassikwelt betroffen, dass György Ligeti in seiner Wahlheimat Wien verstorben ist. 83 Jahre wurde einer der weltweit meistgespielten zeitgenössischen Komponisten alt, der zwischen europäischer Avantgarde und späterer Rückbesinnung auf Tradition changierte und als durchaus streitbarer Geist eine wesentliche Stimme der Musik war. Am kommenden Dienstag (28. Mai) jährt sich der Geburtstag des Tonsetzers zum 100. Mal.

Komplexität und Virtuosität

Diese beiden Elemente waren Ligeti an Musik besonders wichtig, beides zwar "kein Selbstzweck", aber "etwas, wo man Neues finden kann". Auch außereuropäische Musik, vor allem die hoch komplexen Rhythmen von afrikanischer Musik südlich der Sahara, spielte eine wichtige Rolle im Schaffen Ligetis. Einem Massenpublikum wurden Kompositionen Ligetis durch den Soundtrack zu Stanley Kubricks Film "2001 - Odyssee im Weltraum" (1968) bekannt. Wobei Ligeti die wenig zufriedenstellende finanzielle Abgeltung, 3.000 US-Dollar, erst vor Gericht erstreiten musste.

Ligeti wurde am 28. Mai 1923 in Dicsöszentmarton (heute Tirnaveni) in eine ungarisch-jüdische Familie in Siebenbürgen (Rumänien) geboren. Er wuchs in Klausenburg (Cluj) auf, wo er die ungarische Volksschule und ein rumänisches Gymnasium besuchte. Schon als Kind stellte er sich nach eigenen Angaben ständig neue Musikstücke vor. Ab 1936 erhielt er Klavierunterricht, im Alter von zehn Jahren schrieb er seine ersten Kompositionen. Nach der Matura studierte Ligeti bis 1943 Musiktheorie und Orgel am Klausenburger Konservatorium.

Der Schrecken des Holocaust

1944 wurde er zum Arbeitsdienst der ungarischen Armee einberufen. Im April 1945 traf er seine Mutter wieder, die Auschwitz überlebt hatte, während sein Vater in Bergen-Belsen und sein Bruder in Mauthausen umgekommen waren. Ab 1945 erhielt Ligeti an der Budapester Musikhochschule Unterricht in Komposition und Musiktheorie. 1956 verließ er Ungarn "mit einer Aktentasche mit ein paar Partituren und einer Zahnbürste" unterm Arm.

Flucht aus Ungarn

Nach seiner Flucht nach Wien folgte er einer Einladung an das Studio für elektronische Musik des WDR in Köln, wo er bis 1959 eng mit der avantgardistischen Kompositionsgruppe um Pierre Boulez, Karlheinz Stockhausen und Luigi Nono zusammenarbeitete. Von 1959 bis 1969 wohnte der österreichische Staatsbürger Ligeti hauptsächlich in Wien, lehrte aber auch bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik und an der Stockholmer Musikhochschule. Anschließend lebte er in Berlin und war 1972 Composer in Residence an der Stanford University in Kalifornien (USA). Von 1973 bis zu seiner Emeritierung 1989 leitete er eine Kompositionsklasse an der Hamburger Musikhochschule. Unterrichtet habe er "nicht gerne. Aber ich musste immer unterrichten. Als Dirigent war ich nicht begabt, das habe ich aufgegeben."

Meister der Klangflächen

György Ligetis Konzeption bereicherte die Musikwelt um in sich verwobene Klangflächenkompositionen, sein Orchesterstück "Atmosphères" wurde 1961 in Donaueschingen so begeistert gefeiert, dass es wiederholt werden musste. Den Abbau von Komplexität und die physikalische Maßeinheit der Unordnung, Entropie, etwa illustriert sein "Poeme symphonique" für 100 Metronome, die zu Beginn eine nicht differenzierbare Klangfläche formen, nach und nach jedoch verstummen - und erst dann immer komplexere rhythmische Strukturen preisgeben.

Preise und Ehrungen

Ligeti hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Österreichischen Staatspreis (1990), den Ersten Preis des Internationalen UNESCO-Wettbewerbs (1969), das Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst der Republik Österreich (1987), den Musikpreis des International Music Council (IMC) der UNESCO (1997), den renommierten Sibelius-Preis der Jenny und Antti Wihuri-Stiftung (2000) und den Polar-Preis (2004). Daneben war Ligeti Mitglied des Österreichischen Kunstsenats und Ehrenmitglied zahlreicher Orchester und Vereinigungen.

Entsprechend wird auch das Geburtstagsjubiläum gefeiert. Am eigentlichen Geburtstag, den 28. Mai, eröffnen die Wiener Philharmoniker und Philippe Jordan im Wiener Konzerthaus das 40. Internationale Musikfest unter anderem mit Ligetis "Atmosphères", wobei in den Folgewochen zahlreiche Stücke des Tonsetzers am Spielplan stehen.

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