Fritz Mandl

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Literarisches Schattenspiel

"Mandls falsche Memoiren"

Fritz Mandl, Chef der Hirtenberger Munitionsfabrik, war ab den 30er Jahren enger Freund und Vertrauter von Starhemberg und Mussolini, Unterstützer europäischer Regime und nicht nur durch seine kurze Ehe mit Hedy Lamarr eine schillernde Figur des öffentlichen Lebens. Ab 1937 lebte Mandl im argentinischen Exil, und dort beginnt die Spurensuche des argentinischen Autors Eduardo Pogoriles für seinen Roman "Mandls falsche Memoiren", den Erich Hackl ins Deutsche übersetzt hat.

1937, kurz nach der Scheidung von Hedy Lamarr, emigrierte Fritz Mandl nach Argentinien, übernahm einige Fabriken, finanzierte Juan Peróns Wahlkampf und erlangte rasch Status und Ansehen, erzählt der Kulturjournalist Eduardo Pogoriles: "Hier in Argentinien sah man in Fritz Mandl eine große geopolitische Chance: Die USA hatten Brasilien großzügig mit Waffen beliefert und wichtige Industrieabkommen geschlossen, dem unabhängigen Argentinien aber jegliche Munition und Geschäfte verwehrt. Da kam der gut vernetzte Mandl gerade recht mit seiner Expertise in der Waffen- und Stahlproduktion. Er machte enorme Versprechungen, die er aber nie einlöste."

Skrupellos und charismatisch

Belangt wurde Mandl dafür nicht, ebenso wenig wie für Geldwäsche, illegale Waffenlieferungen und sein dubioses Abkommen mit dem Nazi-Regime: Mandl erwirkte nicht nur die Entlassung seines jüdischen Vaters aus der Haft, sondern auch eine monatliche Rente und eine hohe Ablöse für die enteignete Munitionsfabrik. Und er schaffte es, seine Karriere nach dem Zweiten Weltkrieg unbeschadet fortzusetzen.

"Die Figuren im Roman sind allesamt im Halbdunkel - ständig zwischen Legalität und Illegalität - und vor allem, was Mandl betrifft, von einer ungeheuren Skrupellosigkeit", sagt Erich Hackl, der den Roman für den neu gegründeten Marsyas-Verlag übersetzte und neben dem Titel auch den deutschen Untertitel "Eine Schurkengeschichte" beisteuerte.

Buchcover

MARSYAS VERLAG

Waffenschieber mit Hang zum Glamour

Interessant sei für ihn einerseits die Verknüpfung der österreichischen, europäischen und argentinischen Geschichte im Roman, die über den Rand heimischer Geschichtsbücher weit hinausreicht, so Hackl, andererseits die Figur selbst: "Mandl verkaufte und verschenkte Waffen vor allem an die extreme Rechte, an die Heimwehr oder das ungarische Horthy-Regime. Er machte Deals mit Mussolini, aber ihm haftete auch ein gewisses Charisma an, das allen skrupellosen Geschäftsleuten eigen ist."

Im Roman plant der Ich-Erzähler, ein alter argentinischer Journalist, endlich eine lang aufgeschobene Mandl-Biografie entlang seiner zahlreichen Begegnungen und Freundschaften zu schreiben, darunter mit Benito Mussolini und Ernst Rüdiger von Starhemberg, Orson Welles, und natürlich Hedy Lamarr.

Porträt in Fragmenten und Eventualitäten

Noch während der Recherche melden sich die Weggefährten allerdings lebhaft selbst zu Wort. In Tagebucheinträgen, Briefen und Gesprächen tragen sie jeweils ihr Puzzleteilchen bei zu diesem eigenwilligen, fragmentarischen Porträt, das ihn großen Aufwand gekostet habe, so Pogoriles: "Ich habe viel Recherche in den Roman und meine ganze Fantasie in die Figuren gesteckt. Am Ende wird die Erzählung von einer Art Chiaroscuro bestimmt: Jede Szene könnte real, aber genauso gut nur ein Traum des alten Journalisten sein."

Dass Fritz Mandls Firmensitz und Wohnung ausgerechnet in der Argentinierstraße lagen, war nur eines von zahlreichen kuriosen Details, die Eduardo Pogoriles, auf nicht einmal 90 intensiven und bisweilen herausfordernden Seiten schildert, während er mit allen Facetten der Fiktion und des zwielichtigen Protagonisten spielt.

Service

Eduardo Pogoriles, "Mandls falsche Memoiren - Eine Schurkengeschichte", aus dem argentinischen Spanisch von Erich Hackl, Marsyas

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