Stefanie Reinsperger in "Mermaids don't cry"

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"Mermaids don't cry"

Alltagsfrechheit einer Meerjungfrau

"Mermaiding" nennt sich das Schwimmen mit Meerjungfrauenflosse und diese Schwimmsportart hat die österreichische Regisseurin Franziska Pflaum zu ihrem Langfilmdebüt "Mermaids don't cry" (Meerjungfrauen weinen nicht) inspiriert. Der Film mit Stefanie Reinsperger startet diese Woche in den heimischen Kinos.

Der Papa will es offiziell machen - das mit der Behinderung. Dabei wäre er gar nicht auf den Rollstuhl angewiesen, in dem er es sich bequem gemacht hat - und mit dem er bei Annika einziehen will. Pflegegeld soll seinen Alltag noch ein bisschen bequemer machen, und die Tochter ihn pflegen.

Für die Kinder der alleinerziehenden Freundin ist Annika erweiterte Familie. Ihr Gehalt als Supermarktkassiererin reicht gerade einmal für den eigenen Alltag und der Platz in der Wohnung für sie selbst. Nur eine maßgeschneiderte Meerjungfrauenflosse, die sie im Internet sieht, würde vielleicht noch unter das Bett passen. Denn bisher ist Annika in einem Stoffanzug im Hallenbadbecken und in ihren Tagträumen abgetaucht.

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Prekariat, Sozialbetrug und Flucht

Franziska Pflaum hat Mermaiding in Berlin beobachtet. "Ich war fasziniert, einerseits weil mich das an so vieles aus meiner Kindheit erinnert hat", sagt die Regisseurin und Autorin: "Dieses Abtauchen in Phantasiewelten, die sich dann im Kopf aufgetan hat. Andererseits aber auch von der Banalität!"

Und ähnlich nah beieinander liegen Phantasie und Wirklichkeit in Pflaums Geschichte: Hier das Porträt einer prekären Lebens- und Arbeitswelt, dort die Träumerei und das Skurrile, mit dem der Realismus immer wieder gebrochen wird. Annika muss erkennen, dass sie die Türen zu ihrem Leben zu weit geöffnet hat, und sie sich ihr Atlantis ganz ohne Flosse in der echten Welt bauen muss. Franziska Pflaum: "Ich glaub, dass wir als Menschen dieses 'Nicht-Funktionieren-Müssen' brauchen. Aber das geht nur so lange gut, solange es nicht eine tatsächliche Flucht und ein Davonlaufen wird."

Alltagshelden, die nicht jammern

Die Hauptrolle in "Mermaids don't cry" spielt Stefanie Reinsperger, die nach Engagements am Wiener Burg- und Volkstheater, seit 2017 dem Berliner Ensemble angehört. In Nebenrollen sind Julia Franz Richter, Karl Fischer und Gerti Drassl zu sehen. Franziska Pflaum hat das Drehbuch in Berlin geschrieben und dann nach Wien übersiedelt. Mit Figuren im Gepäck, die eine gewisse Alltagsfrechheit auszeichne: "Das sind Menschen, die sich jenseits des Systems versuchen, das Leben zu richten. Die einen eigenen Weg finden. Das habe ich im ehemaligen Osten kennengelernt. Und was mich immer fasziniert hat an diesen Menschen: dass relativ wenig gejammert wird."

Ihre Alltagshelden jammern nicht, und auch die Regisseurin selbst nicht, wenn sie über den Drehalltag lacht und erzählt - etwa von der Herausforderung in Österreich mit dem Budget eines Langfilmdebüts Unterwasserszenen zu drehen. Es war quasi ein Anschwimmen gegen den Strom, bei dem Pflaum und ihr Team aber mit so etwas wie kreativer Alltagsfrechheit eine erfrischende Direktheit im Erzählton gefunden haben.

Erfrischende Direktheit im Erzählton

"Die Realität ist oft schon lustig", sagt Franziska Pflaum: "Wo man sich dann denkt, wenn ich das jetzt ein Buch schreibe, sagt wieder jeder, dass es überzogen ist …" Und vielleicht ist es ganz gut, dass sie sich bei ihrem nächsten Projekt vorerst nicht auf ein Drehbuch, das abgelehnt werden könnte, sondern auf Förder-Zusagen für ihre Ideen verlässt.

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