Lukas Schöppl

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Lukas Schöppl, Schauspielregie

In Kooperation mit den österreichischen Kunstuniversitäten stellt Ö1 regelmäßig junge Talente vor: Lukas Schöppl wurde 1995 in Oberndorf geboren und sammelte in der Schule erste Theatererfahrungen.

Was ist Kunst?

Für die Beantwortung dieser Frage stehen mir drei Gewährsleute zur Seite.

Der französische Philosoph Gilles Deleuze beantwortet die titelgebende Frage seines Buches „Was ist Philosophie?“ wie folgt: „Philosophie ist die Kunst, Begriffe zu schaffen“. Also eine praktische Tätigkeit. Formt man diese Gleichung um und fragt nach der Variable „Kunst“, so könnte man sagen „Kunst ist, Philosophie durch Begriffe zu schaffen“ – also eine angewandte Philosophie. Als Begriffe verstehe ich treffende Bezeichnungen, und die finden sich nicht unbedingt in bereits etablierten Denk- oder Sprechweisen. Stattdessen versuche ich, in der Kunst eine Sprache zu finden, die näher an die Realität herankommt als die (Worte der) Alltagssprache.

In diesem Sinne ist Kunst sicherlich auch Teil der ‘Pataphysik, deren Begründer, Alfred Jarry, auch Theaterstücke geschrieben hat: Eine Wissenschaft der imaginären Lösungen für sehr reale Probleme. Wählt man das Theater als Sprache dieser Wissenschaft, dann nutzt sie alle Register des Körpers. Klingt alles sehr hochtrabend, aber das macht eben auch Spaß, wenn man es gemeinsam mit anderen probiert – mit dem Ensemble und mit dem Publikum.

Zum Abschluss noch die Malerin Charlotte Salomon. Ihr Gouachenzyklus trägt den Titel „Leben? Oder Theater?“. Ich finde (darstellende) Kunst arbeitet sich an diesen Fragen ab und versucht, das „Oder“ herauszufordern.

Wie sind Sie zur Kunst gekommen?

Nimmt man den beständigen Wunsch nach äußerlicher Veränderung und spielerischer Verwandlung aus, den Kindergartenkrippenspiel und Volksschultheaterproduktionen befeuert haben, bin ich zum Theater über meinen Bruder gekommen. Den habe ich in der Schule auf der Bühne gesehen und dachte ‚Das will ich auch machen!‘. Ich ging dann in dasselbe Gymnasium und hatte dort auch 8 Jahre lang Bühnenspiel als Wahlpflicht- und Freifach belegt. Nach der Matura wollte ich aber nicht an Schauspielschulen vorsprechen, sondern studierte Philosophie und Deutsche Philologie in Wien. Das Theater hat mich aber nie ganz losgelassen und während meines Auslandsjahres in England stand ich dann nochmal mit einer Studententheatergruppe auf der Bühne.
Zurückgekehrt setzte ich dann daran, Literaturwissenschaft und Philosophie praktisch zu erproben und dachte, das Theater sei der geeignete Raum dafür. Ich entschied mich, am Reinhardt-Seminar für Schauspielregie vorzusprechen, weil das die einzige Ausbildungsstätte ist, wo die Studienzweige Schauspiel und Regie so eng geführt werden.

Kommt Kunst von können, müssen oder wollen?

Je nachdem ob man das Wort etymologisch, politisch, oder ethisch definieren will. Das griechische Wort „Drama“ lässt sich auch in dieser Dreiteilung untersuchen. Darstellende Kunst ist dramatisch, also dem Handeln verschrieben. Deshalb antworte ich einfach und theatertreu mit „Kunst kommt vom Handeln“.

Wo würden Sie am liebsten auftreten?

Im Almeida Theatre in London.

Mit wem würden Sie gerne zusammenarbeiten?

Mit Menschen, die interessiert und interessant sind.

Wie viel Markt verträgt die Kunst?

Die Kunst muss sehr viel Markt ertragen. Sie scheint das auch gut zu vertragen, weil der Markt ein polymorphes Abstraktum ist, das sich gerne anbiedert. Aber was heißt schon vertragen? Ich vertrag‘ es ja auch, wenn ich am selben Tag einen Käsekrainer und eine Schaumrolle esse. Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, wo Kunst und Markt eng verstrickt sind, vielleicht waren sie das auch immer schon. Mir fehlt der Vergleich bzw. die kontrafaktische Realität, wo dem nicht so ist.

Und wie viel Kunst verträgt der Markt?

Wie nach Käsekrainern und Schaumrollen stößt es mir übel auf, wenn ich Slogans lese, die Schönes vermehren wollen wie Geld. Neben Green-, Pink- und Whitewashing gibt es meines Erachtens nämlich auch Art- oder Culturewashing. Idealerweise kann man durch den Genuss oder das Schaffen von Kunst, Marktökonomien ausblenden. Sie sind aber immer vorhanden.

Wofür würden Sie ihr letztes Geld ausgeben?

Eine sehr marktorientierte Frage. Würde mehr Kunst vertragen.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Vordergründig im Hintergrund.

Haben Sie einen Plan B?

Bibliothekar.

Wann und wo sind Sie das letzte Mal unangenehm aufgefallen?

Für mich oder für andere? Ersteres wohl öfters, zweiteres wohl beim Essen bestellen im Urlaub in gebrochenem Italienisch.

Wollen Sie die Welt verändern?

Ich begnüge mich damit, sie verschiedentlich zu interpretieren.

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