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Biopic
"Oppenheimer" im Kino
Hat der Einsatz der Atombombe in Hiroshima und Nagasaki tatsächlich den Zweiten Weltkrieg beendet, wie die USA behaupten? Und mussten die USA die Atombombe bauen, weil die Nazis ebenso daran arbeiteten? Das Leben des US-amerikanischen Physikers J. Robert Oppenheimer, der als "Vater der Atombombe" gilt, ist ohne moralische Grundsatzfragen nicht denkbar. Sie begleiten ihn auch ständig durch das Biopic "Oppenheimer" des britischen Regisseurs Christopher Nolan.
20. August 2023, 02:00
"An diesen Tag wird sich die Welt für immer erinnern". Mit unüberhörbarem Stolz ereifern sich die offiziellen Stellen in den USA über den 16. Juli 1945, über jenen Tag an dem die USA zum ersten Mal einen Atombombentest in der Wüste von New Mexico durchführten. Dieser sogenannte Trinity-Test war aber begleitet von der Befürchtung, die Explosion könnte eine nukleare Kettenreaktion auslösen und den gesamten Planeten zerstören. Eine Schlüsselszene im Film "Oppenheimer", inszeniert wie ein Thriller, denn das Team unter dem Physiker J. Robert Oppenheimer (Cilian Murphy) befindet sich auf wissenschaftlichem Neuland.

Christopher Nolan gibt seiner Crew Anweisungen
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Regisseur Christopher Nolan wählt eine subjektive Erzählweise: "Die Zuseher und Zuseherinnen sollen direkt in die Rolle von Oppenheimer schlüpfen, dessen Erfahrungen hautnah nachvollziehen können."
Ambivalenter Heldenstatus
Hinter den historischen und biografischen Fakten befragt der Film zunehmend Oppenheimers ambivalenten Heldenstatus: nach außen hin gefeiert wie ein Pop-Star der Physik, nach innen getrieben von Erkenntnisdrang, aber auch von moralischen Zweifeln an den tödlichen Konsequenzen seiner atomaren Errungenschaften. Visionär und kreativ, charismatisch und brillanter Denker einerseits; andererseits, so die Diagnose des FBI, mental instabil, ein Frauenheld, Neigung zu Nikotin und Alkohol, politisch unzuverlässig, Stichwort: kommunistische Umtriebe in der Ära McCarthy.
Befragungen im Verhörstil vor der Nationalen Atomenergiebehörde 1954 bilden das Erzählgerüst des Films, der politische Subtext wird zum ständigen Begleiter.
Bildertüftler Nolan
"Ob der Ernsthaftigkeit der Geschichte habe ich mir diesmal wenig künstlerische Freiheiten erlaubt", meint Christopher Nolan. Der Film bleibt also nahe an den tatsächlichen Ereignissen dran. Dennoch darf sich Komponist Ludwig Göransson im Soundtrack austoben. Visuell greift Bildertüftler Nolan ebenfalls zur größeren Keule, ohne aber das Publikum damit zu erschlagen - ein raffinierter formaler Kompromiss zwischen ästhetischem und kommerziellem Anspruch auch als Zugpferd für die Kinokasse.
Immerhin müssen Kinofans drei Stunden lang intellektuell und stilistisch bei Laune gehalten werden. Eine Übung, die der Film bravourös bewältigt.
Gestaltung
- Arnold Schnötzinger