Radiokolleg | 22 11 2023

Aphrodelics

Supranationaler Hip-Hop aus Wien.

Die Aphrodelics sind eine der essentiellen Hip-Hop-Formationen in Österreich. Mitte der 1990er Jahre galt Wien als eine der spannendsten Musikstädte Europas mit einer blühenden Downtempo-Szene, neuen Clubs und Festivals wie auch kreativen Zellen, die in leerstehenden Gebäuden den Sample-Fundus der Vergangenheit plünderten. Für ihren Hit "Rollin On Chrome" hatten, stießen drei Wiener MCs auf eine reduzierte Basslinie der britischen Synth-Pioniere The Human League, ihre englischen Reime waren bewusst international und über Rotation im Musikfernsehen gelang erstmals der Sprung in die deutschen Charts. Wenige Monate später blieben nur noch Bruchstücke der Vocals übrig, als Kruder und Dorfmeister den Song mit geschmeidigen Bässen veredelten. Die Aphrodelics - MCs Clumzy, Shadee und Shegun - wurden weitgehend von Rodney Hunter - der bereits Ende der Achtziger die Hip-Hop-Pioniere The Moreaus und später das Label Uptight mitgegründet hatte - produziert. Uptight mit Sitz im sechsten Wiener Gemeindebezirk wurde 1997 für den Grammy für die beste Jazz-Vocal-Performance nominiert. Einzelne Tracks der Aphrodelics suchen die Nähe zu Downtempo und dessen supranationaler Coolness. Das zweite Album "Enormis" - was sich mit "von der Norm abweichend" übersetzen lässt - ist viel weniger von den instrumentalen Bruchstücken afroamerikanischer Musik geprägt, sondern spürt dem Funk in den Maschinen nach. Größen des deutschen und US-Rap konnten für das Album gewonnen werden. Weil sich das Vertriebs-Label Sony BMG zu Beginn des neuen Jahrtausends durch Filesharing allerdings in laufender Umstrukturierung befindet, verhallt das innovative Album, das sechs Tage nach den Terror-Anschlägen vom 11. September 2001 veröffentlicht wird, relativ unbemerkt.

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