Maria Callas, 1958

AP/ED MALONEY

Ö1 Schwerpunkt

100 Jahre Maria Callas

Man hat sie "La Divina" genannt - und in der Tat war sie eine der bedeutendsten Sopranistinnen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der Weg der am 2. Dezember 1923 in New York geborenen Cecilia Sophia Anna Maria Kalogeropoulos zur berühmten Maria Callas war aber ein durchaus schwerer.

Keine schöne Kindheit hat sie gehabt, 1937 haben sich die Eltern getrennt, mit Mutter und Schwester ist die junge Maria in die griechische Heimat der Familie zurückgekehrt. In Athen hat sie in Elvira de Hildalgo die prägende Lehrerin gefunden.

Sie, einst selbst eine erfolgreiche Sängerin, hat sich später an die erste Begegnung mit Maria Callas erinnert: "Schon die Idee, dass dieses Mädchen Sängerin werden wollte, wirkte unsagbar lächerlich. Sie war groß und fett und trug eine Brille mit dicken Gläsern. Ihr ganzes Auftreten wirkte hässlich. Doch dann sang sie die 'Ozean'-Arie aus Webers 'Oberon', und ich hörte wilde Klangkaskaden, zwar nicht kontrolliert, aber voller Dramatik und Emotion. Ich lauschte mit geschlossenen Augen und malte mir aus, was für eine Freude es sein müsste, mit solchem Material zu arbeiten und es in eine vollkommene Form zu bringen."

Mit bedingungsloser Intensität

Maria Callas hatte also schon ganz in ihren Anfängen genau das, wofür sie später gefeiert wurde: die Gabe, mit bedingungsloser Intensität zu singen. In späteren Jahren wurde sie immer wieder gewürdigt, wie kaum eine andere den von ihr gestalteten Figuren ein Höchstmaß an Glaubwürdigkeit verleihen zu können. Schon mit 15 Jahren hatte die junge Callas in Athen die Santuzza in "Cavalleria rusticana" gesungen, in den 1940er Jahren folgten Rollen wie Martha in "Tiefland", Leonore in "Fidelio", Kundry in "Parsifal" oder etwa Brünnhilde in der "Walküre"; sie schien ganz im dramatischen Sopranfach aufzugehen.

Der legendäre Dirigent Tullio Serafin war es dann, der ihre Karriere in eine andere Richtung lenkte: Er betraute sie, während sie die Brünnhilde in Venedig sang, auch mit der Elvira in "I puritani". Damit wurde die Türe zu den Belcanto-Rollen der Callas aufgestoßen, als Lucia di Lammermoor und Sonnambula, als Anna Bolena und Imogene in "Il pirata" - und vor allem als Norma, Medea und Giulia in "La vestale" feierte sie in den 1950er Jahren weltweit Triumphe. Das Entscheidende dabei: Callas hat Belcanto-Rollen nicht als reinen Ziergesang betrachtet, sondern hat ihnen eine "dramatische Konzeption" verliehen - das war in jener Zeit durchaus ungewöhnlich.

Maria Callas und Giuseppe die Stefano, 1973

Maria Callas und Giuseppe die Stefano, 1973

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Auf Dauer nicht standgehalten

Die Schonungslosigkeit, mit der sich die Callas gestalterisch in ihre Partien gekniet hat - sie hat sich auch auf das Publikum übertragen, in den frühen 1950er Jahren ist ihr mit ihrem außergewöhnlichen Wirken der Sprung in die Riege der Weltstars geglückt.

Auf Dauer hat die Stimme aber diesem Totaleinsatz nicht standgehalten; nach ungefähr zehn Jahren schien die ehemalige Selbstverständlichkeit ihrer Tonproduktion zu schwinden. 1965 ist Maria Callas als Tosca letztmals in einer Bühnenaufführung in London in Erscheinung getreten.

Als sie sich 1973/74 vom Tenor Giuseppe Di Stefano zu einem Comeback und zu einer Welttournee mit Konzerten überreden ließ, hat das Publikum zwar den beiden Opernlegenden von einst zugejubelt, die Rezensenten haben aber von einem künstlerischen Desaster gesprochen. Es war das eher traurige Ende einer singulären Weltkarriere.

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