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ORF/JOSEPH SCHIMMER

Sound Art

Whistleblower

„Kunst zum Hören“ über arabisch-deutsche Sprachverflechtungen. Im zweisprachigen Hörspiel "Whistleblower" erzählen Nada Darwish und Aboud Alrahal von ihrer Flucht nach und den Lebensumständen geflüchteter Menschen in Österreich.

Abdulkadir Alrahal (Aboud) ist 2022 aus Syrien nach Österreich geflüchtet. Während der Vorbereitungen zur Performance- und Videoarbeit "Routineübung" der Künstlerin Anna Witt in Traiskirchen lernte er die Regisseurin Olivia Axel Scheucher sowie den Schauspieler Nick Romeo Reimann kennen.

Den beiden fiel auf, dass Aboud und einige seiner Kollegen im Erstaufnahmezentrum für Asylwerbende in Traiskirchen sehr gut auf unterschiedlichste Art und Weise pfeifen konnten. Wie sich herausgestellt hat, verwenden viele Flüchtende die Pfiffe zum Beispiel als Warnsignale im Gebirge. Auf ihrer entbehrungsreichen Flucht erleichterten die Pfiffe den Jugendlichen die Kommunikation. Aus dieser Beobachtung entstand die Idee für das Hörspielprojekt "Whistleblower".

Hörspiel & Pfeifperformance

Nick Reimann übte schon damals mit den jungen Geflüchteten ein loses Pfeif-Arrangement ein, das aus der Imitation von Vogelgezwitscher, Sirenengeräuschen und Pfiff-Warnsignalen besteht. Die Erfahrungen, die Aboud und seine Freunde an Europas Außengrenzen gemacht haben, stehen der mit Vogelgezwitscher assoziierten Freiheitssymbolik diametral gegenüber.

Die damals entwickelte Pfeifperformance fließt in das zweisprachige Hörspiel (Arabisch und Deutsch) als eine Klangebene ein. Aufgenommen wurden die Pfiffe sowohl im Volkstheater als auch im schallarmen Studio - der sogenannten Schnecke - des ORF-Hörspielstudios RP4 im RadioKulturhaus.

Ringen um faire Chancen

"Whistleblower" beschäftigt sich, ausgehend von den Erzählungen der nach Österreich immigrierten Ägypterin Nada Darwish und des Syrers Aboud Alrahal, mit den Lebensumständen geflüchteter Personen in Österreich. Nada erzählt darin von ihrem langen Warten auf eine Arbeitserlaubnis, wie sie versucht, ein Visum zu bekommen, und wie sie nach zehn Jahren noch immer täglich um eine faire Chance ringt.

Aboud berichtet von seiner Flucht aus Syrien als unbegleiteter Minderjähriger, der sich, getrieben von der Angst vor dem Bürgerkrieg, zu Fuß auf eine gefahrenreiche Route aufmacht. Sie führt ihn durch neun Länder und geht dann nahtlos in ein langes Warten über. Aboud und Nada leben seit Langem in Wien und fühlen sich beide doch nicht angekommen. Ihr Alltag bleibt fremdbestimmt, ihr Leben scheint festgefahren und es drängt sich ihnen die Frage auf: Wofür bin ich eigentlich hierhergekommen?

Mehr als dokumentarische Aufarbeitung

Aboud Alrahal, Nada Darwish und Olivia Axel Scheucher haben in einem Übersetzungsdreieck zwischen arabischer, deutscher und englischer Sprache lange Gespräche geführt. Aboud erzählt auf Arabisch, Nada auf Englisch und Olivia schreibt auf Deutsch. In enger Zusammenarbeit mit den beiden entwickelte die Regisseurin einen Text, der mehr als eine dokumentarische Aufarbeitung ist.

Für Scheucher und Reimann ist es wichtig, dass Aboud und Nada nicht nur die Grundlage für "Whistleblower" geliefert haben, sondern dass sie inhaltlich an der Entstehung des Hörspiels beteiligt und selbst hinter dem Mikrofon waren. Wesentlich ist auch, dass in dem Hörspiel die Geschichten von Aboud und Nada auf Arabisch zu hören sind, damit diese das Ergebnis voll und ganz nachvollziehen können. Die Zweisprachigkeit des Hörspiels bezieht sich auf die permanente Übersetzungsleistung in Abouds und Nadas Leben. Gleichzeitig soll dadurch ein breiteres Publikum angesprochen werden.

Gestaltung