Thessaloniki - Neubau und Ruinen

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Diagonal

Die lebhafte Nummer Zwei - Stadtporträt Thessaloniki

Thessaloniki. Ob im römischen und byzantinischen Reich, unter osmanischer Herrschaft oder heute als die zweitgrößte Stadt Griechenlands: Sie stand stets im "hellen" Schatten der Kapitale. Doch anders als Athen, baut Thessaloniki auf einer mehr als 2000-jährigen Geschichte als Großstadt auf.

Wer nach „Salonika“ kommt, die zweitgrößte griechische Stadt, steckt im Stau, auch zu Fuß. Polizistinnen pfeifen sich die Lunge aus dem Leib. Im Café „Greco“ kann man kaum ein Interview führen, am Aristoteles-Platz rennen Menschen zu allen Zeiten auf und ab, in den Bars an der Uferpromenade versteht man sein eigenes Wort nicht. Die Studierenden sitzen Stunden lang im Lokal – bei Saft oder Kaffee Freddo. Es ist gestattet, wenig zu konsumieren.

Berlin des Balkans

Thessaloniki ist lebhaft und laut, Stadt der Studenten und Cineasten; es veranstaltet seit 1960 das „Internationales Filmfestival“ und gilt als „Berlin auf dem Balkan“. Dennoch nennt Panos, 62, seine Heimat „City of Despair“: ohne ein Kind reicher Eltern zu sein, komme man hier nicht von Fleck. Auch das ist Thessaloniki: Stadt des Sumpfs und der Stagnation, der hohen Mieten und des Leerstands. Vergessen sind die Missstände nur, wenn „PAOK“ spielt, der heimische Fußballmeister.

Reiterstatue von Alexander dem Großen

ORF/ANDREA HAUER

Reiterstatue von Alexander dem Großen

Ehemaliger Melting Pot und Hub

„Wir werden nie mehr sein, was wir einmal waren“, sagt der ehemalige legendäre Bürgermeister Yiannis Boutaris und erinnert an die florierende jüdische Gemeinde, die von den Nazis beinahe gänzlich ausgelöscht wurde; auch der junge Soldat Kurt Waldheim war hier. Und Boutaris, der sich besonders um den Tourismus aus Israel und der Türkei bemühte, erinnert an das osmanische Thessaloniki, bevor die muslimischen Türken vertrieben worden waren. Die Stadt nahm ihrerseits Hunderttausende orthodoxe Griechen aus Kleinasien auf. Dieser „Bevölkerungsaustausch“ hat mit einem prominenten Kind der Stadt zu tun: Kemal Pascha „Atatürk“ ist hier geboren.

Thessaloniki war ein Melting Pot und Hub, „die“ Verbindung zwischen Adriaküste und Bosporus. Es ist ein großer Hafen im östlichen Mittelmeer und ein Knotenpunkt der Eisenbahn. Die WSB, „Wien-Saloniki-Bahn“, konnte nur aufgrund des Börsenkrachs 1873 nicht verwirklicht werden.

Wie geht Thessaloniki mit diesem Erbe um? Welche Visionen hat sie, um sich zu behaupten und weiterzuentwickeln? Wie löst sie aktuelle Probleme: Korruption, Krise, Stagnation? Die Fertigstellung der U-Bahn lässt seit 2006 auf sich warten. Daran sind nicht die archäologischen Ausgrabungen schuld.

Gestaltung

  • Andrea Hauer