Alexander Felix Rauscher

STEFAN GLAWISCHNIG

Ö1 Talentebörse

Alexander Felix Rauscher, Filmschnitt

In Kooperation mit den österreichischen Kunstuniversitäten präsentiert Ö1 junge Künstlertalente Österreichs. Alexander Felix Rauscher studiert Filmschnitt an der Filmakademie der mdw - Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.

Junge Künstlerinnen und Künstler im Porträt

Ich würde mich als ambivalente Person beschreiben, zurückhaltend, analytisch, verkopft, manche sagen „verträumt“, und andererseits impulsiv und spielerisch provokant in zwischenmenschlichen Beziehungen

Was ist Kunst?

Daniel Kehlmann legt G.W. Pabst in den Mund, Kunst sei „immer unnötig, wenn sie entsteht. Und später, wenn man zurückblickt, ist sie das Einzige, was wichtig war.” Ich kann dem viel abgewinnen. Kunst ist das, was außerhalb des Praktischen passiert oder passieren kann, außerhalb von dem, was im Moment passieren muss, das was spiegelnd und kommentierend, kritisierend oder einfach nur aufwühlend sein kann, ohne etwas damit „erreichen“ zu müssen. Genau dieses „nichts erreichen müssen“ bringt die Kunst ultimativ an ein Ziel, das sonst nicht erreicht werden kann. Das, was nicht nur Bestehendes erhält, sondern wirklich grundlegend etwas bewegen und verändern kann, sei es auch nur im Kleinen oder im Einzelnen.

Wie sind Sie zur Kunst gekommen?

Ich glaube, viel von dem, was ich heute tue, ist geprägt von meiner Wiederfindung in Rollen, die ich aus meiner Kindheit kenne. Als jüngerer zweier Brüder und Scheidungskind zweier liebevoller aber inkompatibler Eltern kenne ich den Zustand des „von außen an ein System Herantretens“, des neutralen Beobachtens, des Vermittelns, des Verstehenwollens, des immerwährenden inneren Mangels und der Sehnsucht nach Harmonie, die die Triebfeder für so viele äußere Bestrebungen sein kann. Als jüngerer Bruder war ich außerhalb der Verantwortung, der Verpflichtung, die zum großen Teil auf meinen älteren Bruder gefallen ist, außerdem hat das Bestreben nach Vermeidung von Konkurrenzsituationen mit meinem überlegeneren Gegenüber zur Suche und Findung ungewöhnlicher Wege, Orte, Blicke, Beschäftigungen und Interessen geführt. Mein Schnitt Studium habe ich zum Teil aus diesem Grund gewählt. Kunst kann unendliche Entfaltungs- und Wirkmöglichkeiten bieten, ohne dass dabei ein Platz, ein Rang, eine Ressource besetzt wird oder verloren geht. Wenn einer der Größte sein will, dann kann es in der Kunst darum gehen, der Kleinste zu sein. Wenn eine alles weiß, was es zu wissen gibt, dann kann es in der Kunst darum gehen, das Nichtwissen zu ergründen. Das ist ein guter Weg für mich. So bin ich zur Kunst gekommen.

Kommt Kunst von können, müssen oder wollen?

Man muss schon unterscheiden. Das Kunst-Handwerk hat diese Attribute, das ist auch gut so, finde ich. Sie ist nötig, damit Kunst gut gesehen, gehört, erlebt werden kann. Kunst im eigentlichen Sinn, Kunst als Weg, als Ausdrucksform, als Sprache der Seele, hat so viel mit Können, Müssen oder Wollen zu tun, wie das Kommen und Gehen der körperlichen Gefühle, die jede:r von uns auf eigene Weise spürt. Sie ist einfach da und will erlebt, ausgedrückt, zum Leben gebracht werden. Alles weitere lässt sie verstummen. Auf gesellschaftspolitischer Ebene würde ich das anders beschreiben. In einer intakten Gesellschaft müssen wir Kunst wollen können. Um die Gesellschaft intakt zu halten, müssen wir Kunst können wollen. Sie ist oft das einzige, was uns als Gesellschaft am Leben hält und leider oft das erste, das vernichtet wird. Darum ist sie doppelt bewahrenswert.

Wo würden Sie am liebsten ausstellen/auftreten/inszenieren?

Jedes volle Kino ist das liebste Kino, in dem ich gern einen von mir geschnittenen Film sehen würde. Berlinale oder Cannes wären dabei aber meine primi inter pares.

Mit wem würden Sie gerne zusammenarbeiten?

Wes Anderson. Ich denke auch, dass er sich gut mit Thomas Mann verstanden hätte.

Wie viel Markt verträgt die Kunst?

So viel wie der Wald den Förster. Sie braucht ihn zum Überleben, aber nur, weil es ihn gibt. Der Markt Fördert und Erstickt die Kunst, von zwei Seiten.

Und wie viel Kunst verträgt der Markt?

So viel, bis es zu ungemütlich wird.

Wofür würden Sie Ihr letztes Geld ausgeben?

Wenn ich aus dem Film „Der Baader Meinhof Komplex“ aus 2008 zitieren darf: „Was ist denn das für 'ne scheiß bourgeoise Fragestellung?“

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

An einem gemeinsamen Ort mit befreundeten Familien, in einer Position, in der ich nicht Zeit gegen Geld tauschen muss und wo Zeitersparnis durch Effizienz nicht zu mehr Arbeit führt. Meinen Namen sehe ich in den Credits von Langspielfilmen ablaufen, die in Erinnerung bleiben.

Haben Sie einen Plan B?

Dachdecker werden. Das ist was handfestes. Da schiebt man nicht nur abstrakte Ideen und binäre Pixel im Vakuum der Ungewissheit hin und her.

Wann und wo sind Sie das letzte Mal unangenehm aufgefallen?

Sehr gute Frage. Wahrscheinlich bei meiner Antwort auf Frage 8.

Wollen Sie die Welt verändern?

Ja.

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