Valentino Skarwan

BENJAMIN LAABMAYR

Ö1 Talentebörse

Valentino Skarwan, Bildende Kunst - Talentestipendium Shortlist 2024

In Kooperation mit den österreichischen Kunstuniversitäten präsentiert Ö1 junge Künstlertalente Österreichs. Valentino Skarwan studiert Malerei und Animationsfilm an der Universität für angewandte Kunst Wien und schloss 2024 dort das Studium Transmediale Kunst ab.

Junge Künstlerinnen und Künstler im Portrait

Da ich in Wien geboren und in Guatemala aufgewachsen bin, sind verschiedene Sprachen und Kulturen seit meiner Kindheit in mir verschmolzen. Diesen hybriden Zugang lebe ich in meiner künstlerischen Praxis wieder, indem ich verschiedene Disziplinen wie ein Spinnennetz miteinander verwebe.

Was ist Kunst?

Kunst ist eine Vorstellung, wie Dinge anders sein könnten. Sie ist ein Ausdruck des Widerstands, eine kollektive Sensibilität und eine Feier. Kunst ist eine ständige Verhandlung darüber, wer wir waren, wer wir sind und wer wir sein könnten.

Wie sind Sie zur Kunst gekommen?

Wenn ich zurückblicke, kam die Kunst für mich eher aus einer Notwendigkeit, um Erfahrungen und mich selbst zu verstehen und zu verarbeiten. Diese Freiheit des Ausdrucks zog mich an und brachte mir kontinuierliches Lernen und Erschließen bei.

Kommt Kunst von können, müssen oder wollen?

Es kommt von versuchen.

Wo würden Sie am liebsten ausstellen/auftreten/inszenieren?

Ich interessiere mich für Zwischenräume und öffentliche Räume, die sich auf die Geschichte und die Spuren des Ortes beziehen. Dabei wird man zum Gastgeber und zum aktiven Teil der Erzählung. Wir müssen unsere Räume für neue Interaktionen offenhalten. Besonders spannend finde ich die Idee, in einem botanischen Garten aufzutreten und die kolonialen Geschichten hinter den Glaswänden zu erkunden.

Mit wem würden Sie gerne zusammenarbeiten?

Die Zusammenarbeit steht in engem Zusammenhang mit meiner Praxis, da sie einen Raum schafft, in dem sich Akteur:innen zusammenschließen, Leidenschaft verkörpern und Erfahrungen teilen. Dieser Prozess der Intersubjektivität fördert ein gemeinsames Verständnis und eine kollektive Interpretation von Ideen, Konzepten und Erlebnissen. Ich würde es schätzen, weiterhin mit Künstler:innen die mir nahe liegen, zusammen zu arbeiten, sowie in Zukunft mit neuen Künstler:innen über gemeinsame Projekte zusammenwachsen zu können.
Ich habe auch Interesse daran, mit Ökolog:innen zu kooperieren. In meiner neuesten Arbeit „Picnic Crashers“ habe ich die symbiotischen Beziehungen und die auf Pheromonen basierende Kommunikation von Ameisen erforscht. Dabei habe ich erfahren, dass Ameisen als Indikatorarten auf Veränderungen in einem Ökosystem reagieren. Ich finde eine Studie der Universität Innsbruck besonders faszinierend, in der die Auswirkungen des Klimawandels und der Stickstoffbelastung auf die Aggression von Ameisen in den Alpen deutlich werden. Ich möchte dieses Projekt weiterentwickeln und tiefer in die Auswirkungen des Klimawandels, auf die Ameisenpopulationen in den Bergen von Innsbruck eintauchen.

Wie viel Markt verträgt die Kunst?

Es gibt keine „Gerechtigkeit“ im Markt. Wenn Kunst nur als Ware betrachtet wird und der Marktwert wichtiger ist als der kulturelle oder künstlerische Wert, verliert die Kunst ihren Sinn. Deshalb finde ich alternative Wege im Kunstbetrieb interessant und gestalte soziale Erfahrungen als Kunstform, indem ich das Soziale selbst als Medium und Material des Ausdrucks nutze.

Und wie viel Kunst verträgt der Markt?

Bis es zu einem Zusammenbruch kommt.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Nachdem ich mit 18 Jahren Guatemala verlassen habe, um in Österreich zu studieren, sehe ich mich in zehn Jahren dabei, neue Strukturen und Beziehungen in Guatemala und Lateinamerika aufzubauen. Ich möchte Projekte außerhalb von Wien umsetzen und eine Brücke schlagen, indem ich durch diese Projekte Menschen miteinander verbinde.

Haben Sie einen Plan B?

Ein wichtiger Teil meiner Arbeit besteht darin, offen für neue Möglichkeiten, Begegnungen und alternative Wege zu bleiben. Dadurch bleibe ich immer aufgeschlossen für alles das auf mich zukommt, was das Ganze spannend und abwechslungsreich macht.

Wann und wo sind Sie das letzte Mal unangenehm aufgefallen?

Es ist nicht schwer in dieser Stadt, oft in unangenehme Situationen zu geraten.

Wollen Sie die Welt verändern?

Das ist für mich eher ein Prozess als ein konkretes Ziel. Ich beteilige mich an ökologischen und sozialen Projekten. Kunst kann ein Teil des Wandels sein, aber sie ist nicht das alleinige Werkzeug. Ich interessiere mich besonders für Projekte, die Räume schaffen, in denen Menschen zusammenkommen und gemeinsam Erfahrungen machen. Diese Gemeinschaft soll Strukturen fördern, die das Leben in all seinen Formen unterstützt.

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