Die kleine Kirche "Maria Grün"

ORF/MARKUS VEINFURTER

Memo

Auf Wallfahrt in den Prater!

Vor 100 Jahren wurde die Kirche Maria Grün geweiht: Als Pilgerstätte war sie nie geplant - die Wienerinnen und Wiener allerdings haben sie dazu gemacht

Im Frühling riecht es in Maria Grün nach Bärlauch. Das Lusthaus am Ende der Prater-Hauptallee ist nur ein paar Schritte entfernt. Die Gegend rund um das Kirchlein heißt Freudenau - oder, etwas weiter gefasst: (Grüner) Prater - zur Unterscheidung vom Wurstelprater mit den Ringelspielen und Hochschaubahnen.

Als Wallfahrtsort war die Kirche nie gedacht - „die Menschen haben sie dazu gemacht“, sagt Pater Clemens Kriz, seit bald 25 Jahren Seelsorger in Maria Grün. 30 bis 40 Gruppen kommen Jahr für Jahr. Sogar die Dompfarre St. Stephan pilgert regelmäßig in den Prater - mit der U-Bahn bis zum Ernst-Happel-Stadion und dann zu Fuß - so, wie es sich eigentlich für eine Wallfahrt gehört. Aber auch so mancher Jogger oder so manche Radfahrerin hält beim „Heiligen Grab“ vor der Kirche kurz inne, berichtet Pater Clemens. Manche knien sogar nieder. Und für die Benutzer des Reitwegs gleich daneben gibt es jeden Herbst am Hubertustag eine Pferdesegnung.

Die Freudenauer brauchen eine ordentliche Christmette

Kirche Maria Grün in der Freudenau, um 1930

PICTUREDESK.COM/SAMMLUNG HUBMANN

Kirche Maria Grün in der Freudenau, um 1930

Errichtet wurde Maria Grün nach dem Ersten Weltkrieg als Notkirche für die Menschen in der Umgebung. „Die Freudenauer brauchen eine ordentliche Christmette“, soll der damalige Erzbischof von Wien, Kardinal Friedrich Gustav Piffl, gesagt haben - und hat die Kirche am 21. Dezember 1924 (ein ungewöhnlicher Termin für eine Kirchweihe) ihrer Bestimmung übergeben.

Die ersten Pilgerinnen kamen schon bald: Am 1. April 1925 hat sich der Christliche Mütterverein aus der Pfarre St. Othmar in Wien-Landstraße in das Pilgerbuch eingetragen.

Das Gnadenbild - wie es jede Wallfahrtskirche haben muss - ist als Medaillon auf den Bogen über den Altar gemalt: „Maria mit dem Kind auf der Praterbank“ - ganz schlicht, ohne Krone, mit hohen Bäumen im Hintergrund und kleinen Pflanzen, die ein wenig an Bärlauch erinnern. Das erste Gnadenbild von Hans Jakubetz ist bereits 1928 der Feuchtigkeit in der Kirche zum Opfer gefallen. Das neue hat Anka Freifrau von Löwenthal gemalt.

Eine bewegte Geschichte

Maria Grün ist zwar mit 100 Jahren ein sehr junger Wallfahrtsort, seine Ursprünge sind trotzdem ein wenig unklar. 1862 hatte Anton Schentz, Lehrer an der nahegelegenen Volksschule, an einem Baum ein Marienbild angebracht, um einen Ort des Gebets mit den Kindern zu haben - der bald auch viele Erwachsene anziehen sollte. 1911 ließ dann der Gastwirt Franz Plankenbüchler in der Nähe eine Marien- und eine Herz-Jesu-Statue aufstellen - ein zweiter Ansatz für die Entstehung von Maria Grün.
Als Gottesdienststätte diente lang der Turnsaal der 1895 neu errichteten Volksschule. 1923 wurde das aber vom Stadtschulrat verboten. Daher musste rasch eine eigene Kirche errichtet werden, die dann schon am 21. Dezember 1924 geweiht werden konnte.

Mit Pater Clemens Kriz kam vor bald 25 Jahren neues Leben nach Maria Grün. Die Kirche wurde renoviert - und als langjähriger AIDS-Seelsorger der Erzdiözese Wien setzte er auch einen ganz eigenen Akzent: 2007 wurde - eingefügt in den Kreuzweg vor der Kirche - ein AIDS-Memorial angelegt. Mit roten Blumen ist die berühmte Schleife in den Boden gesetzt. Auf den weißen Steinen herum sind die Namen von Menschen vermerkt, die an HIV/AIDS gestorben sind.

Gestaltung

  • Markus Veinfurter