Monika Helfer

NINA TSCHAVOLL

Hörspiel

Monika-Helfer-Trilogie zu den Weihnachtsfeiertagen

Eine Partitur der Vergangenheit.

Monika Helfer war in der österreichischen Literaturszene schon jahrzehntelang ein Begriff.
Mit ihrer autobiografisch gefärbten Trilogie „die Bagage, Vati und Löwenherz“ ist ihr 2020 im Alter von 73 Jahren der internationale Durchbruch gelungen.
Der erste Teil, Die Bagage,handelt von ihrer Großmutter Maria Moosbrugger und spielt im hintersten Dorf in Vorarlberg. Dort leben Maria, ihr Mann Josef, die vielen Kinder und wenigen Tiere - die Familie ist bitterarm. „Im Dorf nennt man die da oben, die im hintersten Hof wohnen: die Bagage. Das stand für das Aufgeladene, weil der Vater und der Großvater von Josef Träger waren. Das war der unterste aller Berufe, unter dem des Knechtes.“ Was der Familie hilft und schadet zugleich ist Marias bis weit über die Dorfgrenzen hinaus bekannte Schönheit. Die Dorfgemeinschaft ist neidig und fasziniert zugleich, eine gefährliche Kombination. Der Bürgermeister mag sich „nur einmal zu ihr legen“, als ihr Mann Josef im ersten Weltkrieg an der Front kämpft. Maria wehrt ihn ab, sie trifft einmal einen Deutschen, den sie am Markt kennen gelernt hat: Georg. Maria wird schwanger und bringt ein zartes Mädchen zur Welt: Monika Helfers Mutter Grete, eine „Scheue“. Ob Josef oder Georg ihr Vater ist, das erfahren wir nie.

Als junge Frau wird Grete im Lazarett einen Mann kennen lernen, der sein Bein im Feld des zweiten Weltkrieges verloren hat - Monika Helfers Vater, der von allen Vati genannt werden will, denn „er meinte, es klinge modern“. Das junge Paar heiratet, gründet eine Familie, führt nach dem Krieg ein Kriegsopfererholungsheim, wo Helfer, 1947 geboren, ihre Kindheit verbringt. Als ihre Mutter stirbt, „da bin ich gerade einmal elf Jahre alt“, müssen die Kinder aufgeteilt werden. Die Mädchen kommen zu ihrer Tante Kathe, ihr Bruder Richard zu Tante Irma.

Vati ist der Mittelteil in Monika Helfers Partitur der Vergangenheit. Ich möchte sie gerne so nennen, weil ihr Text vielschichtig und musikalisch ist, weil er rhythmisch vibriert. Das sind die idealen Voraussetzungen für ein Hörspiel. Als ich dafür angefragt wurde, war ich in Hamburg. Ich blickte auf die Elbe und sagte sofort zu. Denn auch ich wuchs in den Bergen auf, zwar nicht in Vorarlberg, sondern in der niederösterreichischen Voralpengegend, aber ich glaubte Monika Helfers Welt zu verstehen, und das Allerwichtigste: ich konnte sie hören. Ich rief Fatima Dunn an, eine in der Schweiz lebende Komponistin und holte sie in unser Team. Für den dritten Teil, Löwenherz, bat ich sie um Gitarrenklänge, denn Richard, Monika Helfers Bruder, um den es geht, ähnelte dem Musiker Alan Wilson.

Im Hörspielstudio wird an jedem Satz gefeilt; hier Johannes Silberschneider als Michael Köhlmeier bei der Arbeit mit Regisseurin Elisabeth Weilenmann.

„Ich weiß niemanden, dem das Leben so wenig wichtig war wie dem Richard,“ sagt Helfers Mann, der Schriftsteller Michael Köhlmeier. Dass Richard, von seinem Vater liebevoll Löwenherz genannt, sich mit 30 Jahren das Leben nehmen wird, erfährt man auf den ersten Seiten des Buchs. Richard war anders, meint Monika Helfer, ein Sonderling, der nur die Möglichkeit hatte mit seiner Sensibilität und seiner trostlosten Kindheit Künstler zu werden: einen anderen Weg gab es nicht. Als er beim Schwimmen eines Morgens eine Frau kennen lernt, die ihm ihr Kind, einfach nur „das Putzi“ genannt, in Obhut geben und dann wieder entreißen wird, beginnt etwas in Richards Leben zu entgleisen. Denn die Bindung zu diesem vier Jahre alten Kind war einzigartig.

Ich habe lange überlegt, wen ich als „das Putzi“ besetzten könnte und fand ein kleines Mädchen, das wie ich Elisabeth heißt. Ich kam zu ihr nach Hause und nahm sie, wie alle anderen Kinder in diesem Dreiteiler, in ihrer gewohnten Umgebung auf. Bei Elisabeth war ich nervöser als bei den großartigen SchauspielerInnen, mit denen ich für diese Sendungen schon zusammengearbeitet hatte: Dörte Lyssewski, Andrea Wenzl, Andreas Lust, Christoph Luser, Julia Joch, u.v.m

Ich war so nervös, weil ich wusste, dass sie weinen musste, weinen um ihren Vater Richard, dem sie entrissen wird. Und dieses weinen durfte nicht gespielt werden, es musste echt und es musste verzweifelt sein. Mit der liebevollen Unterstützung ihrer Mutter Caroline haben wir Szenarien gebaut, die dazu führen konnten. Mit dem „Putzi“ schließt diese Partitur der Vergangenheit - bestehend aus wunderbaren Worten, Musik, vielen Geräuschen und unglaublichen Stimmen.

Gestaltung

  • Elisabeth Weilenmann