Rote Blutkörperchen

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Radiokolleg

Blut - Urstoff des Lebens

Wir begegnen ihm meist im Schmerz: unserem Blut, das mit beeindruckender Geschwindigkeit durch den Körper rauscht, Sauerstoff transportiert, und damit den ganzen Körper bis in die Finger- und Zehenspitzen versorgt. Blut gibt Auskunft über unsere Gesundheit, über verborgene Krankheiten, über versteckte Potentiale und kann auch Kummer machen.

Ein Schnitt, ein Stich, ein dumpfer Aufprall. Blut quillt aus der Wunde hervor - und macht segensreiche Dinge, von denen wir im Moment des Schmerzes nichts wissen (wollen) ... der Schmerz soll nur vorbeigehen. Und doch passiert viel: Das Blut schwemmt die Wunde aus, Keime und winzige Feststoffpartikel können so nicht in das Innere des Körpers gelangen. Danach verschließt sich die Wunde durch das Blut mit einer Kruste - die Heilung beginnt. Eine Woche später ist - jedenfalls bei kleinen Verletzungen - die Haut wieder heil. Das Gleiche gilt für Blutergüsse unter der Haut: Die „blauen Flecken“ verschwinden quasi „von selbst“.

Doch Blut kann noch viel mehr. In einem ausgeklügelten Wegesystem von fingerdicken bis winzig kleinen Gefäßen erreicht es jeden Bereich des Körpers - bis in die Fingerspitzen ..., wo wir uns im Übrigen am häufigsten verletzen und überraschend stark bluten. Feinste Gefäße versorgen die exponiertesten Stellen des Körpers mit Blut und verhindern damit das Absterben durch Unterversorgung und Kälte.

Eine Enzyklopädie unseres Befindens

Neben diesen mechanischen Funktionen ist Blut auch eine Enzyklopädie unseres Befindens. Im Blut schwimmen zahlreiche Stoffe, deren Vorhandensein und Konzentration auf den allgemeinen Gesundheitszustand, auf Lebensalter, Ernährung und Lebensstil hinweisen: Wussten Sie zum Beispiel, dass das Blut von Rauchern anders aussieht als das von Nichtrauchern?

Gleichzeitig ermöglicht eine Analyse des Bluts einen Blick in die prähistorische Geschichte des Menschen, von dem es stammt. Eine genetisch bedingte Erkrankung gibt Aufschluss über Vorfahren aus längst vergangenen Zeiten. Die Hämochromatose, die sogenannte Eisenspeicherkrankheit, ist eine seltene Erkrankung, die jene, die sie in sich tragen, vor große Herausforderungen bezüglich Lebensstil und Behandlung stellt - denn Medikamente gibt es (noch) keine.

Die Hämochromatose

Wer Hämochromatose hat, speichert Eisen im Körper - was nicht vorgesehen ist. Der Mensch hat dafür kein Organ, muss also täglich Eisen in ausreichender Konzentration mit der Nahrung aufnehmen. Was zu viel ist, verlässt den Körper wieder - normalerweise. Doch irgendwann nach der letzten Eiszeit sprang ein Gen und verursachte bei Kriegern und Jägern, aber auch bei Frauen, die durch den starken Blutverlust im Zuge von Geburten vom Tod bedroht waren, eine Speicherung des Eisens für Notzeiten.

An sich lebensrettend in Zeiten des Mangels - aber in unserer modernen Welt eine Bedrohung. Das Eisen legt sich in der Leber an oder am Herzmuskel, an Nervenbahnen und führt zu schweren Komplikationen, die, wenn die Erkrankung unentdeckt bleibt, mit dem vorzeitigen Tod enden können. Das sind zum Beispiel Menschen, die mit 40 an einer Leberzirrhose sterben, obwohl sie ihr kurzes Leben lang nie einen Tropfen Alkohol getrunken haben.

Blut als Lebenssaft

Blut als Lebenssaft also. So abgedroschen uns der Ausdruck vorkommen mag - er ist nicht ganz falsch. Denn bereits im Mutterleib entscheidet sich, ob ein Kind überlebensfähig sein wird oder nicht.

Hier kommen nun kleine Äffchen ins Spiel - und eine Erkenntnis, die erst in den 1940er Jahren in die Welt gelangte. Wäre die Bedeutung des Rhesusfaktors schon im 16. Jahrhundert bekannt gewesen, hätte die Geschichte möglicherweise einen anderen Verlauf genommen - jedenfalls in England.