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Radiogeschichten Spezial
Zehn klassische Texte der Philosophie
Ausgewählt und kommentiert von Thomas Macho.
5. März 2025, 19:54
Was ist Philosophie? Welche Schriften und Werke zählen zum Kanon der Philosophie? Ein Lexikon philosophischer Werke, herausgegeben von Franco Volpi und Julian Nida-Rümelin, umfasst im Jahr 1988 insgesamt 1.147 Titel von 538 Denkern und Denkerinnen. Eine zweibändige Vorstellung der philosophischen Klassiker, herausgegeben 1981 von Otfried Höffe, präsentiert mehr als fünfzig Autoren. In seiner Einleitung betont Höffe, die Philosophie habe im alten Griechenland mit der Trennung von Mythos und Logos begonnen, mit der Ablösung von Erzählungen über das Wirken der Götter und den Anfang der Welt durch Begriffe, Argumente und Begründungen. Als innovative Methoden der Philosophie nennt der Herausgeber bohrendes Fragen und methodisches Suchen.

IFK WIEN/JAN DREER
Thomas Macho
ist Kulturwissenschaftler, Philosoph und Direktor des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften (IFK) in Wien.
Die Grenzen zwischen Theologie und Philosophie, zwischen religiösem Glauben und begrifflicher Argumentation, wurden allerdings erst im Zuge der Aufklärung schärfer gezogen. Daher finden sich unter Höffes Klassikern auch Autoren, die sowohl der Theologie als auch der Philosophie zugeordnet werden können, beispielsweise Augustinus, Anselm, Thomas von Aquin, Cusanus oder Pascal. Dagegen wurde keine einzige Philosophin in der Sammlung berücksichtigt. Denkerinnen wie Christine de Pizan, Hildegard von Bingen, Mechthild von Magdeburg, Teresa von Ávila oder noch Simone Weil wurden offenbar nur als christliche Mystikerinnen wahrgenommen.
Im Jahr 2008 erschien eine Neuausgabe der Klassiker der Philosophie. Die Mehrzahl der beitragenden Autoren wurde ausgetauscht, das Spektrum der präsentierten Klassiker erweitert, nach wie vor jedoch um keine einzige Frau. Doch zugleich tauchen einige neue Namen auf: Gadamer, Foucault, Quine oder John Rawls, davor aber schon Konfuzius, Laozi, Nagarjuna, Samkara, Avicenna, Averroes und Maimonides. Die Seitenblicke auf die chinesische, indische, arabische oder hebräische Philosophie reagieren zumindest implizit auf die naheliegende Frage, ob Philosophie denn als dominant europäisches Projekt aufgefasst werden kann und soll. Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs veröffentlichte Bertrand Russell seine History of Western Philosophy, gegliedert in drei Teile zur "Ancient Philosophy", zur "Catholic Philosophy" und zur "Modern Philosophy". Zwischen 2004 und 2007 erschienen vier Bände einer New History of Western Philosophy von Anthony Kenny. Wurden philosophische Werke denn nur im Westen geschrieben? Und was sind eigentlich Klassiker der Philosophie?
Als Klassiker müssen jene Philosophen angesprochen werden, „die für die Entwicklung eines solchen Denkens von grundlegender Bedeutung geworden sind“, betont Otfried Höffe im Dezember 1980; dabei müsse der "Maßstab der Originalität und Bedeutsamkeit sehr streng ausgelegt werden", auch unter dem "Aspekt hervorragender Qualität". Aber wer beurteilt diese Maßstäbe und Aspekte? Nicht umsonst bemerkt der Herausgeber, wie schwierig und kontrovers die Auswahl gewesen sei, weshalb er noch lebende Philosophen von vornherein ausgeschlossen habe; erst 2008 konnten daher Foucault (gest. 25.6.1984), Quine (gest. 25.12.2000), Gadamer (gest. 13.3.2002) und Rawls (gest. 24.11.2002) in die Sammlung aufgenommen werden.
Dem hörenden Radiopublikum werden nur zehn Folgen zugemutet, stets weniger als eine halbe Stunde. Die "bohrenden Fragen" philosophischer Klassiker werden - im Angesicht bedrohlicher Krisen und Ängste unserer gegenwärtigen Welt - als kurze Impulse zum eigenen Weiterdenken ausgestrahlt.

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Immanuel Kant: "Zum ewigen Frieden"
Im fortgeschrittenen Alter von 71 Jahren publizierte der Philosoph Immanuel Kant seine Abhandlung „Zum ewigen Frieden“, vermutlich inspiriert durch den Frieden von Basel zwischen Preußen und Frankreich vom 5. April 1795.
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Walter Benjamin: "Über den Begriff der Geschichte"
Die Thesen "Über den Begriff der Geschichte" gehören zu den letzten Texten, die der Philosoph und Übersetzer Walter Benjamin Anfang 1940 verfasste, ehe er sich auf der Flucht vor den NS-Schergen das Leben nahm.
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Michel de Montaigne: "Über die Kunst des Gesprächs"
Michel de Montaigne lebte von 1533 bis 1592, in einem Jahrhundert, das überschattet war von Kriegen, von Hungersnöten und Pestepidemien. Als Hauptwerk des Philosophen gelten seine "Essais".
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Olympe de Gouges: "Die Rechte der Frau"
Olympe de Gouges wurde am 7. Mai 1748 in Montauban in Frankreich geboren. Während der Französischen Revolution setzte sich Olympe de Gouges zunehmend für die Menschen- und Bürgerinnenrechte der Frauen ein. 1791 verfasste sie eine Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin. In der Zeit der Terrorherrschaft Robespierres wurde sie im Sommer 1793 zum Tode verurteilt.
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Christine de Pizan: "Die Stadt der Frauen"
Im Jahr 1364 in Venedig geboren, begann Christine de Pizan kurz vor der Jahrhundertwende eine intensive, kämpferische Auseinandersetzung mit der verbreiteten Frauenfeindlichkeit der Männer in ihrem gesellschaftlichen Umfeld. Nahezu vier Jahrhunderte vor Olympe de Gouges, mehr als hundert Jahre vor der Drucklegung der Utopia von Thomas Morus, entwickelt Christine de Pizan die Vision eines "Zufluchts- und Trostraums, bewohnt von einer femininen Elite".
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Klassische Texte der Philosophie, jeden ersten Freitag im Monat, immer um 11:05 Uhr.