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Chronik eines Journalistenmordes
Das Attentat auf Hugo Bettauer
Vor 100 Jahren, am 10. März 1925, wird der bekannte Wiener Journalist und Bestsellerautor Hugo Bettauer in seinem Büro fünfmal aus nächster Nähe angeschossen. Bettauer ist Autor von Romanen wie „Die Stadt ohne Juden“ und „Die freudlose Gasse“ und er gibt eine ebenso erfolgreiche wie umstrittene Aufklärungszeitschrift heraus, die ihn zum Ziel einer nationalsozialistisch-antisemitisch motivierten Hetzkampagne macht. Bettauer erliegt den Folgen des Attentats am 26. März 1925.
9. März 2025, 15:34

sound.ORF.at
Anhand von Originaltexten - Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, Romanausschnitten und Gerichtsakten - zeichnet Christine Marth in einem dreiteiligen Ö1 History-Podcast nach, wie aus Kritik an einer Zeitschrift zunächst Hetze, dann Hass und Gewalt werden kann. Weder Politik noch Presse wirken mäßigend ein. Und so wird Hugo Bettauer ein frühes Opfer eines antisemitisch motivierten Mordes in der Zwischenkriegszeit.
Hugo Bettauer wird am 18. August 1872 in ein wohlhabendes jüdisches Elternhaus geboren. Karl Kraus ist sein Schulkollege. Am Ende seiner Gymnasialzeit, 1899, tritt er vom jüdischen zum evangelischen Glauben über.
Von der Schweiz in die USA…
Noch im selben Jahr meldet er sich zur Armee, desertiert jedoch nach wenigen Monaten, flieht erst in die Schweiz und emigriert später in die USA. Sein Erbe verspekuliert er, beruflich bleibt er ohne Erfolg.
… und weiter nach Deutschland
1899 kehren Bettauer und seine Frau Olga Steiner New York den Rücken und übersiedeln nach Berlin, wo Bettauer Redaktionsleiter des Lokalteils der "Berliner Morgenpost" wird. Sein erstgeborener Sohn wird 1944 in Auschwitz den Tod finden.
Bettauers investigativer Stil bringt ihn in Berlin mit den Behörden in Konflikt und führt schließlich 1901 zur Ausweisung aus Preußen. Es folgen Stationen in München und Hamburg. Dort lässt er sich von seiner ersten Frau Olga scheiden und brennt 1904 mit der erst 16-jährigen Helene Müller durch, die er noch auf der Überfahrt in die USA heiratet.
USA und zürück in die alte Heimat
In New York erringt er schließlich mit Fortsetzungsromanen den journalistischen Durchbruch, aber er verlässt die USA in dem Augenblick, da ihm eine Amnestie die Rückkehr in die Heimat erlaubt. 1908 kehrt er nach Österreich-Ungarn zurück und arbeitet schließlich bis 1918 als Redakteur der „Neuen Freien Presse“.
Zahlreiche Romanverfilmungen
Hugo Bettauer ist nicht nur als Journalist erfolgreich, sondern auch als Autor sozialkritischer Unterhaltungsliteratur. Das sind insgesamt 20 flott geschriebene und leicht zu lesende Romane, die als Fortsetzungen in Zeitungen und Zeitschriften erscheinen. Viele davon werden verfilmt, so etwa „Die freudlose Gasse“ von G.W. Papst und auch sein bis heute bekanntester Roman: „Die Stadt ohne Juden“ in der Regie von Hans Karl Breslauer.

Filmstill aus "Die Stadt ohne Juden". Der Film galt jahrelang als verschollen und konnte erst 2019 wieder in einer vollständig rekonstruierten Fassung gezeigt werden.
Filmarchiv Austria
In diesem „Roman von übermorgen“, wie es im Untertitel heißt, erzählt Hugo Bettauer schon 1922, was passiert, wenn alle Juden aus Wien vertrieben werden. Der Roman hat - im Unterschied zur Realität - ein Happy End: Die Juden kehren zurück und werden freundlich empfangen.
Zwiespältige Rezeption
Während Bettauer beim breiten Publikum Erfolge feiert, rümpft die Literaturkritik die Nase über seine Texte, man spricht von „Psychoanalyse für Dienstboten“, wie der Wiener Publizist Walter Schübler im Ö1 Podcast zu Hugo Bettauer bemerkt.
Aber Bettauer hat eine Mission, ein politisches Anliegen. Er sieht sich als Aufklärer, der seine Ideen für alle verständlich unter die Leute bringen möchte. Er setzt sich für eine Reform des Eherechts ein, für die Legalisierung von Homosexualität, für das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche und ganz allgemein für die Gleichberechtigung der Frau.

Gemeinfrei
Lebenskultur und Erotik
Das kommt vor allem beim jungen Publikum gut an. In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zerfall des Habsburgerreichs herrscht in der jungen Demokratie zwar große Not, aber es gibt auch Hoffnung. Und vor allem im Roten Wien scheint ein besseres Leben für viele möglich.
In dieser Aufbruchstimmung veröffentlichen Hugo Bettauer und sein Mitherausgeber Rudolf Olden am 14. Februar 1924 die erste Ausgabe von „Er und Sie. Wochenschrift für Lebenskultur und Erotik“. Über die „Dreiehe des Graf von Gleichen“ ist darin zu lesen, in der Rubrik „Erotika aus aller Welt“ geht es um Männeropfer, man liest über das Paarungsverhalten verschiedener Tierarten, die erste Folge des neuesten Romans von Hugo Bettauer erscheint und, dazwischen eingestreut, sozial- und sexualpolitische Texte. Im hinteren Teil erscheinen Kontaktanzeigen und in den späteren Ausgaben auch Antworten auf Fragen des Publikums.
Die wilden 1920er Jahre
Hugo Bettauer und sein Mitherausgeber Rudolf Olden treffen den Nerv der Zeit, denn der vergangene Erste Weltkrieg hat auch gesellschaftlich weitreichende Folgen. Der Arbeitskräftemangel der Kriegsjahre bringt Frauen in die Erwerbstätigkeit und erlaubt ihnen so, aus dem privaten Bereich auszubrechen und dadurch auch eine Art von gesellschaftlicher Aufwertung zu erfahren. „Frauen haben da im weitesten Sinne bestimmte Freiheiten zu spüren bekommen und wollten nach Ende des Ersten Weltkriegs auch nicht hinter diese neugewonnenen Freiheiten zurücktreten, sondern haben weiterhin eine bestimmte Unabhängigkeit eingefordert, die sie da eben erlebt haben“, sagt die Politikwissenschaftlerin Judith Goetz, die an der Universität Innsbruck zu Antifeminismus und geschlechts- und sexualitätsbezogenen Ideologien der Ungleichheit forscht. Frauen haben sich zwar das Wahlrecht erkämpft, aber - wie Katharina Prager, stellvertretende Leiterin der Wienbibliothek im Rathaus erklärt - die Geschlechtervorstellungen haben sich nicht verändert: „Die Frau ist weiterhin das naturverbundene, emotionale, für die Kinder und für die Fürsorge zuständige Wesen.“
Beginn einer Hetzkampagne
Nicht alle begrüßen die „Erotische Revolution“, die Bettauer und sein Mitherausgeber Rudolf Olden in der ersten Ausgabe ausrufen. Die Kirche, konservative und rechtsextreme Politiker und allen voran der christlich-soziale Bundeskanzler Prälat Ignaz Seipel beginnen eine ideologisch aufgeladene und antisemitische Hetzkampagne wegen „Pornographie“ gegen „Er und Sie“ und ihren Herausgeber.

Bundeskanzler Prälat Ignaz Seipel
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Am 14. März 1924, 361 Tage vor dem Attentat auf Hugo Bettauer, spricht Seipel vor seinen Anhängern. Eigentlich geht es um Steuerliches und Außenpolitisches. Doch gegen Ende seiner Rede holt er aus, greift die regierenden Wiener Sozialdemokraten und den Bürgermeister Karl Seitz an und zwar indirekt durch eine Attacke auf Bettauer und seine Wochenschrift für Lebenskultur und Erotik, wobei er beide namentlich nicht nennt.
Aufruhr im Wiener Gemeinderat
Das ist der Auftakt einer Kampagne gegen Hugo Bettauer und seine Zeitschrift, die bereits eine Woche später ihren ersten Höhepunkt erreicht. Da wird im mehrheitlich sozialdemokratischen Wiener Gemeinderat über städtische Jugendhorte debattiert, ein ohnehin ideologisch stark umkämpftes Thema. Die Diskussion ist hitzig. Und dann ergreift der christlich-soziale Gemeinderat und notorische Antisemit Anton Orel das Wort:
Dieser Jude Bettauer hat nun seine Schweinereien herausgegeben, um auf die Triebe der Menschen spekulierend seine schäbigen Geschäfte zu machen.
Als Orel das Wort entzogen wird, eskaliert die Situation. Im stenographischen Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 21. März 1924 heißt es wörtlich:
„Diese Worte erregen einen Sturm der Entrüstung auf den Bänken der Mehrheit. Die Gemeinderäte springen von den Sitzen auf und eilen gegen die Mitte des Saales. Man sieht drohend geschwungene Fäuste und aus dem beispiellosen Lärm hört man wilde Rufe heraus.“
Lange Geschichte des Antisemitismus in Wien
Oliver Rathkolb, bis 2024 Universitätsprofessor für Zeitgeschichte an der Universität Wien und derzeit Vorsitzender des Wiener Instituts für Kultur- und Zeitgeschichte, verweist in dem Zusammenhang auf eine lange Tradition des Antisemitismus in Wien, die bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht.
Um die Jahrhundertwende macht der Wiener Bürgermeister Karl Lueger gezielt mit Antisemitismus Politik. Das wirkt sich auch auf die Zeit nach dem Zusammenbruch der Habsburger-Monarchie aus.
Oliver Rathkolb
„In diesem Klima der 1920er Jahre ist der Antisemitismus permanent präsent, sei es in universitären Bereich, sei es in den Medien, sei das im öffentlichen Raum.“

Oliver Rathkolb
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Breite Ablehnung
Dass Bettauer und seine beliebte progressive Zeitschrift „Er und Sie“ von der politischen Rechten und von der Kirche angefeindet werden, ist wenig überraschend. Aber auch Zionisten stellen sich gegen Bettauers Zeitschrift. Sie ahnen, dass seine Ansichten, seine Freizügigkeit, antisemitische Reaktionen provozieren werden. Frauen, Vereine, vor allem katholische, machen sich Sorgen um die Jugend. Auch einzelne Sozialdemokraten, die Bettauers Anliegen ja eigentlich unterstützen, kritisieren ihn, weil sie den Menschen nicht zutrauen, mit den Informationen umgehen zu können.

ONB
"Die Stunde" berichtete am 24. September 1924 vom Sittlichkeitsprozess gegen Hugo Bettauer.
Beschlagnahme und Anklage
Diese Kampagne führt letztlich zum Aus der Zeitschrift. Es hagelt Anzeigen und nach Erscheinen der fünften Ausgabe ordnet die Staatsanwaltschaft die Beschlagnahmung an. Im Herbst 1924 folgt ein politisch aufgeladener Prozess wegen Verderbens der öffentlichen Sitten, der mit einem Freispruch in allen Anklagepunkten für Bettauer und Mitherausgeber Olden endet. Doch damit geht der Wahnsinn erst richtig los.
Hetzkampagne trotz Freispruchs
Jene, die nicht einverstanden mit dem Urteil sind, setzen ihre Kampagnen gegen Hugo Bettauer unverdrossen fort und rufen sogar offen zur Gewalt auf. „Weg mit der Judenschande!“ fordert etwa der bereits genannte Wiener Gemeinderat Anton Orel in der Wochenzeitung „Das neue Volk“.
Auch mit Karikaturen, auf Plakaten und in unzähligen Reden im ganzen Land rufen Antisemiten, Deutschnationale und Hakenkreuzler zu Gewalt auf. Von „gewerbsmäßiger Pornografie“ ist die Rede und von „jüdischem Schwein“ und von „Ungeziefer“. Der Nationalsozialist Kaspar Hellering schreibt in der „Deutschen Arbeiterpresse“ es sei „fürwahr die höchste Zeit, dass alle noch anständigen Menschen, da die Staatsgewalt hier völlig versagt, zu rücksichtsloser Selbsthilfe greifen.“
Bettauer klagt:
In dem Kreis, den man Öffentlichkeit zu nennen pflegt, war ich so schrecklich allein. Alle Mächtigen und Einflußreichen waren entweder gegen mich, oder sie wollten wenigstens nichts zu meiner Verteidigung tun.
Das Attentat
Die andauernde Stimmungsmache, die antisemitische Hetze gegen Bettauer hat Folgen. Auf Worte folgen Taten. Am 10. März 1925, um kurz nach drei Uhr Nachmittag, betritt Otto Rothstock, 20 Jahre alt, Zahntechniker und Sympathisant der Nationalsozialisten, die Redaktionsräume von Bettauers Wochenschrift in der Lange Gasse 5-7 im achten Wiener Gemeindebezirk.
In seiner späteren Einvernehmung wird er folgendes zu Protokoll geben:
„Ich dachte mir daher, dass es am besten wäre, eine Person, die sich mit der Verfassung solcher Schriften beschäftigt, aus dem Wege zu räumen und durch eine solche Tat die Behörden, welche diesen üblen Einfluss scheinbar nicht richtig einschätzten, hierauf aufmerksam zu machen.“
Der schwer verletzte Bettauer schildert wenige Tage vor seinem Tod im Spital den Anschlag:
„Im selben Moment erblickte ich in seiner Hand den Revolver, welchen er gegen mich, und zwar auf meine Brust, gerichtet hatte. Gleich darauf gab er hintereinander noch vier Schüsse gegen mich ab, welche mich auf die Brust, in den Bauch und am rechten Unterarm trafen. Ich ergriff die Schreibtischlampe und wollte sie gegen ihn schleudern, konnte das aber nicht mehr tun. Daraufhin versuchte ich ihn von mir wegzustoßen und eilte zur Tür, die ich aufsperrte und stürzte in das Nebenzimmer hinaus.“
Die Presse jubelt
Die christlichen und nationalen Presseorgane jubeln. Der Attentäter wird als jugendlicher Idealist und Vollstrecker eines Volksurteils gefeiert. Selbst die „Neue Freie Presse“, deren Redakteur Bettauer selbst einmal war, zeigt Verständnis für den Attentäter. Ausgerechnet die reißerische Boulevardzeitung „Die Stunde“ verurteilt als einziges Medium das Attentat. Sie schreibt:
„Hugo Bettauer, eine wirkliche Begabung, die mit offenen Augen die Welt darstellt, wie sie ist. Ein mitfühlender Anwalt der kleinen Menschen, der ihre seelischen Nöte besser verstand als mancher große Literat. Dieser Mann ist das Opfer einer frechen Hetze, die in den Wiener Zeitungsredaktionen gegen ihn entfesselt wurde. Niemals hätte es die Rebellionen der Untermenschen, die hassende Meute, der leeren Köpfe und vollen Mäuler gewagt, sich an ihm zu vergreifen, wenn in den Redaktionen nicht die Pfiffe zur Mordtat gegeben worden wäre.“
Die Politik schweigt
Auch seitens der Politik gibt es keine Reaktion. Kein führender Politiker verurteilt die Tat öffentlich. Die Wiener Sozialdemokratie, der Hugo Bettauer Zeit seines Lebens nahesteht, schweigt.
Das Ende
In den frühen Morgenstunden des 26. März 1925 erliegt Hugo Bettauer seinen Verletzungen. Vier Tage später findet im Krematorium der Stadt Wien die Trauerfeier statt. Mehrere 100 Personen sind gekommen. Und endlich zeigen auch sozialdemokratische Politiker ihre Verbundenheit mit Bettauer. Der Chor der Staatsoper singt „O Haupt voll Blut und Wunden“.

Die letzte Ausgabe von "Bettauers Wochenschrift"; die Bildunterschrift lautet: "Hugo Bettauer, dessen Mörder in dieser Woche vor den Geschworenen steht"
Der Mordprozess
Am 5. Oktober 1925 beginnt vor dem Wiener Schwurgericht der Prozess gegen den Mörder von Hugo Bettauer. In den Prozessakten gibt es zahlreiche Hinweise auf mutmaßliche Hintermänner, auf mögliche Mitwisser, sogar Komplizen. Niemand fragt nach, welche Stellen in Bettauers Texten und Zeitschriften ganz konkret Rothstock so verwerflich, so unmoralisch findet, dass er den Entschluss fasst, den Autor der Zeilen zu ermorden. Das alles spielt für die Ermittlungs- und Justizbehörden keine Rolle.

Mehr zum Fall Bettauer, u.a. mit dem TV-Interview mit Otto Rothstock in
topos.ORF.at
Täter-Opfer-Umkehr
Rothstocks Strafverteidiger Walter Riehl ist überzeugter Nationalsozialist. Er lässt seinen Mandanten vor Gericht verschwurbelt, völkisch und christlich-antisemitisch Aussagen tätigen, mit denen die Geschworenen über den Geisteszustand des Angeklagten verunsichert werden sollen. Insgesamt zeigt sich, dass die Befragungen im Prozess gegen Rothstock nicht die Hintergründe des Mordes klären sollen, sondern vielmehr den Prozess gegen die Zeitschrift „Er und Sie“ fortsetzen. Es kommt zu einer Täter-Opfer-Umkehr. Dabei ist die Sachlage klar. Es gibt Zeugen, und der Mörder gesteht seine Tat, aber die Verteidigung plädiert auf Unzurechnungsfähigkeit.
Die Geschworenen halten Otto Rothstock für des Mordes und des illegalen Waffenbesitzes schuldig, doch die Hälfte von ihnen hält für „Des Gebrauches der Vernunft ganz beraubt“. Und so wird Otto Rothstock freigesprochen. Er wird in die Wiener Landes Heil- und Pflegeanstalt für Geistes- und Nervenkranke am Steinhof eingewiesen. Nur 20 Monate später wird er als geheilt aus der Psychiatrie entlassen.
Überraschendes Eingeständnis
Später lebt er als Zahnarzt in Hannover. Und viel später, am 23. Februar 1977, strahlt der ORF in der Fernsehsendung „Teleobjektiv“ ein Interview mit dem inzwischen 73-jährigen Otto Rostock aus. Darin bekennt er unumwunden:
Ehrlich geantwortet. Ich war nie kindisch verwirrt. Ich wusste stets, was ich tue und was ich will.
Erinnerungsort
Heute erinnert ein Gedenkstein in der Lange Gasse an Hugo Bettauer und die, wie es darauf heißt, antisemitischen Übergriffe in der Zwischenkriegszeit. Ein kleiner Platz, ungefähr 100 Meter von den ehemaligen Redaktionsräumen entfernt, heißt heute Hugo-Bettauer-Platz.

Der Hugo-Bettauer-Platz im achten Wiener Gemeindebezirk
ORF/JOSEPH SCHIMMER
Späte Gerechtigkeit
Um gesellschaftliche Fortschritte, die Hugo Bettauer bereits in den 1920er Jahren formuliert hat und für die sich Feministinnen und andere Reformer stark gemacht haben, bevor sie in der Zeit des Nationalsozialismus dafür verfolgt und ermordet wurden, muss nach 1945 noch jahrzehntelang weitergekämpft werden. Erst seit den 1970ern wird Sexualerziehung in der Schule unterrichtet. Seit 1971 ist Homosexualität kein Verbrechen mehr. Seit Inkrafttreten der Fristenlösung im Jahr 1975 sind Schwangerschaftsabbrüche straffrei und seit 1. Jänner 2019 dürfen gleichgeschlechtliche Paare heiraten.