Luisa Berghammer Alter Ego Arthur Berghammer

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Ö1 Talentebörse

Luisa Berghammer, Videokünstlerin

Luisa Berghammer, geboren 1997 in Korneuburg, lebt und arbeitet in Wien. Ihre theoriebasierte künstlerische Praxis umfasst Installation, Video, Text und Bühnenbild und thematisiert zeitgenössische Produktionsbedingungen. Berghammer studierte Skupltur und Raum an der Universität für Angewandte Kunst Wien und verbrachte ein Erasmus-Jahr in Brüssel. Ihre Werke hinterfragen Autonomie und beleuchten Aspekte der Verweigerung und Kollaboration. Derzeit arbeitet sie im Rahmen eines Stipendiums in Vilnius an ihrer Diplomarbeit, die sich mit Sprache und sozialer Praxis auseinandersetzt.

Arbeitsvorhaben

Ab Juli werde ich in dem Post-Graduate-Programm bei Rupert meine derzeit entstehende Diplomarbeit zu Sprache, Avantgarde und sozialer Praxis in Korrespondenz mit dem Baltikum weiterführen. Die Schriften von Emma Goldmann zur Propaganda der Tat und ihrer Abkehr von der sozialistischen Realität bilden, neben dem Aspekt der Zugänglichkeit über Wort und Beschreibung, einen Ausgangspunkt für eine abschließende Präsentation in Brüssel und Vilnius, die ich wiederum in Übersetzung nach Wien bringen könnte.

Kommentar der Künstlerin

Ich habe eine theoriebasierte Praxis, die in den Medien Installation, Video, Text und Bühnenbild ihre Formulierung findet. In Werken, die aufgrund ihrer Situationsspezifik kaum reproduzierbar sind, thematisiere ich zeitgenössische Produktionsbedingungen und Nebenerzeugnisse (kultureller)Arbeit. Visuell wie sprachlich beleuchte ich Verweigerung, (Hintergrund-)Arbeit und Kollaboration und suche einen kritischen Zugang zu dem Begriff der Autonomie - des Kunstwerks, des Individuums und des Körpers gleichermaßen.

people would call you a faker and it hurt your feelings

people would call you a faker and it hurt your feelings, 2024 Ein-Kanal-Video, 8‘ (Loop) in Kollaboration mit Quirin Babl, Zorah Berghammer und Luīze Nežberte

Die Videoarbeit people would call you a faker and it hurt your feelings nimmt sich dem Format eines filmischen Vorspanns an. Das von einer städtischen Institution in Auftrag gegebene Werk präsentiert lange Reihe von Namen in endloser Wiederholung: jeder dieser Namen repräsentiert den nächsten und begreift alle an der Entstehung der Arbeit Beteiligten - fiktive Charaktere, Referenzfiguren, Autoren und Autorinnen, Schauspieler und Schauspielerinnen, Personen des öffentlichen Lebens, Kollaborateure und Kollaborateurinnen, Teammitglieder, institutionelle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen - in der Rolle des arbeitenden Akteurs / der arbeitenden Akteurin und des fiktiven Protagonisten / der fiktiven Protaginisten zugleich. Mithilfe des Genres der TV-Reportage werden Szenen re-inszeniert, in denen die Rollen zwischen anonymisierten Schauspieler und Schauspielerinnen und Crewmitgliedern verschwimmen. Diese Sequenzen werden durch die Verwendung einiger weniger Platzhalter Requisiten aus verschiedenen disziplinären institutionellen Settings markiert: die Kernfamilie, die Universität, die Schule, der Therapiepraxis, das Militär. Begleitet wird die Bildebene durch ein Voiceover, das die vorsätzliche Entmachtung einer anderen institutionalisierten Einrichtung bespricht: dem Selbst. Neben der sterilen Bildebene beschreibt aus dem Off eine Stimme sensuelle Zustände und körperliche Begehre, die letztendlich konzeptionelle Unmöglichkeiten darstellen müssen: das Explodieren des eigenen Körpers, ein Festhalten permanenter Ohnmacht, eine endgültige Verweigerung von Teilhabe und eine Entindividualisierung des Selbst. Der Text, bestehend aus verschiedenen in zweiter Person erzählten Textquellen, wendet sich an die Betrachter und Betrachterinnen und das hinter dem Werk stehende Künstler- und Künstlerinnenkollektiv als fiktive Konstrukte. Diese Reflexion über Bildproduktion, Dialektiken der Kollektivität und die Undarstellbarkeit von Ereignissen verortet die Position der Künstler und Künstlerinnen (- Egos) direkt in sich selbst.

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Luisa Berghammer

Casting

Casting, 2021 Ein-Kanal-Video, 3‘ (Loop) in Kollaboration mit Quirin Babl, Zorah Berghammer, Juan
Francisco Vera

In der Videoarbeit Casting geben drei Männer einen Textauszug aus Rainald Goetz’ Irre wieder. Die Kamera nimmt hier - ähnlich eines Vermessungsgerätes - den vorsprechenden jungen Mann ins Visier. Der Text und die Rollenzuschreibungen verschwimmen mit den Regieanweisungen des Skriptes und jenen des „Casters“, eine dritte Figur leitet Imperative weiter oder leistet ihnen Folge. Das Gesprochene wurde zur Gänze nachsynchronisiert, Ton und Bildebene konkurrieren dabei miteinander. In der Verstrickung von Kameraframing, Ton, Regieanweisungen und Handlungsweisen werden gegebene Machtverhältnisse im Wettbewerb nicht mehr nachvollziehbar. Hier werden Blickregime, Rollenbilder und Arbeitsvorgänge vor und hinter der Kamera verhandelt, die nicht nur im Sinne des Formates Casting zu verstehen sind.

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Luisa Berghammer

captain screeching

captain screeching, 2023 Ein-Kanal-Video, 7‘50 (Loop)

Ein Abspann als Abschlussarbeit eines Bühnenbild-Studiums: Im Aufgreifen des Formates einer Titelsequenz wird untersucht, welchen Positionen und Personen eine Bühne und damit Sichtbarkeit gegeben wird und zu wessen Profilierung eine solche Plattform tatsächlich dient. Eine einzelne Figur auf einem Fußballfeld hütet die letzte Schwelle vor dem Ziel und ist dennoch gänzlich auf sich alleine gestellt: dem entgegengesetzt steht eine lange Liste an Namen, die als überdimensionale Schriftzüge über die Bildfläche gleiten. Namen, die in unterschiedlichsten Formen bei der Entstehung der Videoarbeit mitgewirkt haben oder ihr als Referenz dienten, sollen hierbei gewürdigt werden, in dem sie selbst das finale Werk darstellen. Entlang der Position eines Torwart / einer Torwärtin und Teamkapitän /-kapitänin, der / die als Repräsentat Repräsentatin ihrer Gruppe auftritt, werden Fragestellungen nach Sprachrohrfunktion, Klassifikationen, den Grenzen der Repräsentation und des Stellvertretertums verhandelt. Fluchtpunkte bilden hierbei die Bergiffe Autonomie und Verantwortung im (künstlerischen) Beruf als erweiterter sozialer Praxis, und eben darin wird sich einer Neupositionierung des Arbeitsbegriffes vorgenommen. Die Universität als Institution wird hierbei als Trainingsrund für exkusiven akademischen Austausch und einen bevorstehenden Wettbewerb kritisch beleuchtet.

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Luisa Berghammer

Ausbildung

  • seit 2021 Universität für Angewandte Kunst Wien, Bildende Kunst (Skulptur und Raum)
  • 2024 - 2025 école de recherche graphique Brüssel, Bildende Kunst (Erasmus-Aufenthalt)
  • 2016 - 2023 Universität für Angewandte Kunst Wien, Bühnengestaltung

Projekte und Ausstellungen (Auswahl)

  • 2025 (upcoming) Publikations- und Werkpräsentation, AEP Rupert, Vilnius / Brüssel ARG TV, WAF Galerie, Wien note to self, Diplom Skulptur und Raum, AAA, Wien
  • 2024 Come As You Are. Preis der Kunsthalle Wien 2023, Kunsthalle Wien
  • 2024 A simultaneity of stories-so-far, Neuer Kunstverein Wien
  • 2023 captain screeching, Kunstverein Zink, Wien
  • 2022 Substructure, Angewandte Festival, Wien
  • 2022 supersonic crying attack, ok transit, Wien
  • 2022 ZERTRETUNG 2 Bühnenbild, Dunkelkammer Volkstheater, Wien
  • 2021 Winter Symposium, Lindabrunn
  • 2021 In Conversation with Places, Oststation, Wien
  • 2021 PARALLEL Vienna, Wien
  • 2020 Wo stehst du mit deiner Kunst Kolleg_In, Angewandte Festival, online