Miriam Unterthiner

ORF/FLORIAN JAUK

Ö1 Talentebörse

Miriam Unterthiner, Bühnenautorin

In Kooperation mit den österreichischen Kunstuniversitäten präsentiert Ö1 junge Kunst-Talente Österreichs: Miriam Unterthiner studierte Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst Wien.

Aufgewachsen bin ich zwischen Wiese, Kuh und Wald am Rand eines Bergdorfes in Südtirol, mittlerweile lebe ich in der oft noch verwirrend großen Stadt Wien. Meine Zeit verbringe ich Großteils lesend, schreibend oder im Theater sitzend und das wiederum beschreibt meinen Beruf sehr treffend, ich bin nämlich Autorin, Dramatikerin.

Was ist Kunst und was nicht?

Mir scheint es beinahe vermessen, diese Frage als Nachwuchs(autorin) beantworten zu wollen und ich kann mir vorstellen, dass ich in einigen Jahren ganz anders darauf antworten würde, ich möchte es aber dennoch versuchen. Kunst ist für mich eine zutiefst menschliche Begegnung, die sich auf das Hinhören, das Hinsehen stützt und eng mit Empathie verbunden ist. Vielleicht ist Kunst lautes Denken. Dahingegen ist alles, was sich auf Ausgrenzung stützt beziehungsweise diese proklamiert, für mich keine Kunst.

Wie sind Sie zur Kunst gekommen?

Mein schulischer Start war nicht gerade einfach und ich keine gute Schülerin. Deshalb habe ich im Sommer mit meiner Mutter viel geübt, unter anderem Lesen und Schreiben, was ich beides überhaupt nicht mochte. Mit der Zeit fand ich allerdings Gefallen am Lesen, und auch am Schreiben. So begann ich, Bücher weiterzuschreiben, Enden von Geschichten umzuschreiben, wenn ich sie nicht mochte. Daraus haben sich allmählich eigene Geschichten entwickelt – es war ein leiser Übergang vom Lesen hin zum eigenen Schreiben.

Kommt Kunst von können, müssen oder wollen?

Weder noch, Kunst kommt viel eher von Tun. Von Dranbleiben, Weitermachen, Nicht-Aufgeben. Immer und immer wieder. Kunst ist Arbeit.

Wo würden Sie am liebsten ausstellen/auftreten/inszenieren?

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Mit wem würden Sie gerne zusammenarbeiten?

Das ist eine sehr sehr lange Liste, wobei ich ehrlich gesagt keine solche Liste führe. Ich darf aber bereits verraten, dass ich in der kommenden Spielzeit 2025/2026 mit einigen Personen zusammenarbeiten darf, die definitiv auf dieser Liste stünden, wenn es sie gäbe. Aktuell drängt es mich, in der Recherche-Arbeit vermehrt mit Laien, Expert:innen des Alltags zu arbeiten – mir geht es dabei nicht um ein Schreiben über, sondern ein Schreiben mit.

Wie viel Markt verträgt die Kunst?

Das Wort „Markt“ nehme ich selbst nicht in den Mund, eine Ausnahme mache ich für den Biomarkt. Ansonsten hat der Markt auf meinem Schreibtisch keinen Platz und er weiß auch, dass er dort nichts zu suchen hat.

Und wie viel Kunst verträgt der Markt?

Viel viel mehr. Immer.

Was ist etwas völlig Unvernünftiges, das Sie trotzdem sofort tun würden, wenn Geld keine Rolle spielt?

Wenn Geld keine Rolle spielt, würde ich Gelder an meine Kolleg:innen umverteilen, um ihre künstlerische Arbeit zu unterstützen, zu ermöglichen. Ich selbst würde ohne Zeitdruck schreiben und mir mehr Zeit für einen Text nehmen können, wobei ich dies bereits versuche zu tun. Richtig unvernünftig erscheint mir beides nicht, aber das ist das Unvernünftigste, das ich in meinem Kopf dazu finde.

Welche Vision haben Sie für Ihre Arbeit – oder für sich selbst – in zehn Jahren, die Sie (noch) niemandem erzählt haben?

Eine konkrete Vision habe ich für mein Schreiben nicht und ich habe auch keinen Plan, an dem ich mich abarbeite. Deshalb kann ich dazu nur sagen, dass ich mir wünsche in zehn Jahren nach wie vor zu Schreiben und vom Schreiben (über-)leben zu können. In letzter Zeit ertappe ich mich des Öfteren dabei, dass ich heimlich über das Schreiben eines Romans nachdenke.

Glauben Sie, dass Ihre Arbeit in Zukunft von künstlicher Intelligenz ersetzt werden könnte – und warum (nicht)?

Aktuell kann ich mir nicht vorstellen, dass künstliche Intelligenzen Autor:innen gänzlich ersetzen werden. Viel eher kann ich mir vorstellen, dass die Texte von künstlichen Intelligenzen Gefahr laufen könnten, zu perfekt zu sein, dass es ihnen an Unperfektionismus fehlt, das unerwartete Moment abhandenkommt und das wiederum ihre Texte unspannend, gar langweilig macht.

Wann und wo sind Sie das letzte Mal unangenehm aufgefallen?

Ich bin sehr tollpatschig, deshalb falle ich wohl des Öfteren unangenehm auf. Letzte Woche etwa habe ich in der U-Bahn gelesen und wurde vom plötzlichen Stopp überrascht. Im Fallen begriffen, hatte ich die Wahl zwischen dem Festklammern an einem fremden Hosenbein (es war eine sehr locker sitzende Hose) oder gänzlich hinzufallen, wie ich mich entschieden habe, muss ich wohl nicht verraten. :)

Was wünschen Sie sich, dass Ihre Kunst bei anderen auslöst?

Die Kraft des Theaters sehe ich darin, dass es andere Lebensrealitäten, andere Köpfe für das Publikum öffnet, Verständnis erzeugen kann. Dies wiederum ist ein wichtiger Schritt für ein empathisches und gemeinsames Miteinander. Ebenso kann das Theater Raum zum Nachdenken geben und das tut jeden Kopf gut.

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